Magie einer Nacht

Titel: Magie einer Nacht
Autor: callisto24
Genre: Weihnachtsgeschichte
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Es war Saschas neuntes Weihnachtsfest. Unnötig zu sagen, dass er sich nur an die jüngst Yergangenen erinnerte.
Ein kleiner, schmaler Junge mit großen Augen, die größer wurden, je näher das Fest rückte, fand sich jeden Dezember in einer veränderten Welt wieder.
Für Außenstehende sah es gerade so aus, als sogen sich seine Pupillen mit den immer heller werdenden Lichtern voller und voller, bis sie den Rand der Iris erreichten, um dort die winzigen Funken widerzuspiegeln.
Sascha liebte das Lichtermeer, das sich ihm offenbarte, wenn er in das Dunkel eines Tannenbaums sah, ob dieser nun künstlich oder echt, Fichte oder Nordmanntanne zu sein vorgab.
Ja, er liebte Weihnachten. Und da er für sein Alter sehr klein war und somit jünger wirkte, als er tatsächlich war, gerieten gelegentlich Erwachsene, ob Verwandtschaft oder Freunde, in Verzückung, wenn sie ihn sahen, wenn sie beobachten durften, wie sich die Freude auf seinem blassen Gesicht ausbreitete.
Der Schimmer brennender Kerzendochte reichte bereits aus, um einen warmen Schein auf seine Züge zu zaubern, der jedem, der sich in seiner Nähe befand, das Herz erwärmte.
Der kleine Sascha liebte Weihnachtsgeschichten. Er konnte Stunden damit verbringen, alte Bücher durchzublättern, die jedes Jahr zur Weihnachtszeit wieder hervorgesucht wurden. Dabei las er nicht. Lesen zählte nicht zu seinen Stärken. Aber er liebte es, die Bilder zu betrachten und sich selbst seine Geschichten zu diesen auszuspinnen.
Wenn seine Eltern mehr Zeit für ihn aufbrächten, dann fiele es ihnen vielleicht auf, dass er, ohne sich zu rühren, ohne auch nur eine Miene zu verziehen, auf ein und dasselbe Bild starrte.
Dann erwachten in seiner Phantasie die dargestellten Figuren zum Leben. Dann flogen Engel durch den Raum und ließen Silberstaub regnen. Dann linste der Nikolaus durch das mit Schnee beschlagene Fenster, grinste freundlich und winkte ihm zu. In einer anderen Jahreszeit wären es Ritter oder Piraten gewesen, deren Abenteuer Sascha sich vorstellte. Vielleicht auch Tiere, die in Höhlen lebten, Ameisen, die ihre Schlachten gegen ein Volk stärkerer Termiten ausfochten.
Doch nur zur Weihnachtszeit fühlte Sascha, wie sich das Tor zu einer anderen Welt öffnete. Einer Welt, die über die Grenzen der Realität hinausging. In der Unvorstellbares geschah, in der Wunder an der Tagesordnung waren.
Eine Welt durchaus, in der das Böse nicht existierte. In der jeder Griesgram sein sanftes Herz entdeckte. In der jede gute Seele reich belohnt wurde.
So sehr Sascha sich für den Rest des Jahres in spannende Geschichten flüchtete, so sehr sehnte er sich in den dunkelsten Wochen nach einer Besinnlichkeit, die er nicht zu greifen gelernt hatte.
Und doch spürte sein Kinderherz, dass es ihm nicht alleine so ging. Er sah es in dem Blick der Erwachsenen, der unvermittelt weich wurde, wenn er seine Arme nach einem Teller mit Lebkuchen ausstreckte. Auch, wenn sie die Lichter bewunderten, so manch eine zart geformte Engelsskulptur oder eine geschnitzte Pyramide, die sich anmutig mit der aufsteigenden, warmen Luft der Kerzenflammen drehte.
Doch mehr als ein Gespür blieb es nicht, denn Weihnachten bestand für seine Eltern lediglich aus uferlosem Konsumrausch. Was dazu führte, dass sie noch weitaus weniger für ihn da waren, als es ansonsten ihre Gewohnheit war. Zu beschäftigt fühlten sie sich mit der Besorgung unnötiger, aber dafür umso eindrucksvollerer Geschenke. Mit dem Besuch verschiedenster Weihnachtsfeiern, mit den guten Wünschen und Auftritten, die ihre wichtigen Jobs in ihren noch wichtigeren Büros erforderten.
Wenn Sascha darüber nachdächte, dann gelangte er sicher zu dem Schluss, dass seine Mutter mehr Zeit dazu benötigte, sich für eines der Feste herauszuputzen, als für das Schmücken eines Christbaumes.
Dennoch war ihm das einerlei. Er hatte sich daran gewöhnt, nebenher zu laufen, daran gewöhnt, für seine Eltern keinerlei Priorität zu besitzen.
Und er wurde ja auch großzügig dafür entschädigt. Denn unter den Vertretern seiner Verwandtschaft befand sich ein Mensch, der anders war. Ein Einzelner interessierte sich nicht vorrangig für die leuchtende Welt, die sich mit Geld erwerben ließ.
Der hegte bescheidenere und doch umso heller scheinende Träume. Träume, die weder Ziel noch Zweck kannten. Und so fand Sascha bereits in frühesten Jahren einen Gleichgesinnten, jemanden, auf dessen Schoß er sitzen und die Bilder betrachten konnte, die zipfelbemützte Elfen, widerspenstige Riesen oder machtvolle Hexen zeigten, die eine Ahnung davon vermittelten, was in geheimnisvolleren Zeiten zum Leben erwachte.
Einmal im Jahr, wenn Onkel Johannes zu Besuch kam, fand Sascha jemanden, der sich ebenso wie er in eine Szene vertiefen konnte, die nicht mehr beinhaltete, als eine Handvoll Engel, die über den Wolken, Weihnachtsgebäck herstellten. Jemanden, der, so wie Sascha selbst, viel mehr in einem Bild, in einer Figur oder in einem Winterwald entdeckte.
Sie erahnten beide den Weihnachtsmann, der durch die winzige Lücke in der Wolkendecke emporblickte, der sich bereits erwartungsvoll die Lippen leckte, und zugleich viel zu viel Arbeit vor sich sah, als dass er einen Abstecher in den Himmel unternehmen könnte, sei es auch nur, um eine Kostprobe zu nehmen.
Als Sascha älter wurde, veränderten sich auch die Geschichten, die Johannes ihm vorlas. Es war darin von grimmigen Männern die Rede, von hartherzigen Lumpen, denen erst ein Blick in die Dunkelheit dabei half, den wahren Sinn der Weihnacht zu erkennen.
Wohlige Schauer rieselten Sascha den Rücken herab, wenn er sich die Geister und Dämonen vorstellte, von denen Onkel Johannes, wenn auch hinter vorgehaltener Hand, zu sprechen pflegte.
Dessen ohnehin wirres Haar stand ihm dann noch stärker in alle Richtungen ab, schien sich mit aller Macht dagegen zu wehren, in eine auch nur halbwegs gefällige Form gepresst zu werden.
Die fast immer rote Nase des Onkels und die kleinen Flecken auf dessen Wangen waren Sascha so vertraut wie der Anblick des eigenen Gesichts im Spiegel.
Wenn Johannes endlich eintraf, strahlte Sascha so sehr, dass ihm die Blicke der Umstehenden nicht auffielen.
Ebenso wenig wie es ihm auffiel, dass Johannes die erstbeste Gelegenheit wahrnahm, um sich von der Gesellschaft zurückzuziehen. Auch wenn das dazu führte, dass er mit Sascha in eine Ecke kauerte und im Betrachten eines Bilderbuches versank.
Und im weiteren Verlauf des Abends, manches Mal hinter vorgehaltener Hand, eine seiner Geschichten erzählte, die noch weitaus fantastischer anmuteten, als alle Sagen von Engeln und Dämonen es konnten.
Das waren die Momente, in denen Sascha glücklich war. Sie bedeuteten Weihnachten. Wenn die beiden Menschen, die nicht in die Reihen der Familie passten, sich zusammenfanden, um ihre eigene Welt zu erschaffen, dann fand Sascha seinen Platz. In diesem Moment spielte es keine Rolle mehr, dass er zu jung und Johannes anders war. Dass sie nicht inmitten einer Gesellschaft saßen, die sich gesittet über weiße Tischdecken hinweg unterhielt, der kein Tropfen Soße entkam, und unangenehm den Blick auf sich zog. Dass sie nicht dabei waren, wenn glänzende Gläser angehoben wurden und man sich alles Gute wünschte.
Seltsam genug schien es Johannes ebenfalls nichts auszumachen.
Manchmal sonnte sich Sascha in dem Gedanken, dass Johannes sich nur seinetwegen dem Zusammentreffen mit den weitgehend unbekannten und bis zu einem gewissen Grad auch furchteinflößenden Verwandten aussetzte.
Weitaus besser schien es ihm, sich in den Erzählungen des Onkels, in Büchern und Bildern zu verlieren, die eine immer wieder neue, manchmal wirre, und allzu oft phantastische Perspektive eröffneten.
Wo die Bücher von Engeln und guten Taten sprachen, da ließ Johannes nie die andere Seite des Lebens und der Existenz außer Acht. Dem natürlichen Gleichgewicht seine Achtung zollend sprach er aus, was Sascha sich gelegentlich bereits selbst dachte.
Dass die Welt nicht so heil und süß war, wie in seinen Geschichten dargestellt, und wie man sie ihm weismachen wollte. Dass jede Schönheit auch einen Gegenpart, jede Sicherheit Gefahr in sich trug.
Nichts existierte ohne das Andere. Und gab es einen Engel, so war es nur rechtens anzuerkennen, dass sich irgendwo der ihm zugehörige Dämon herumtrieb und nach Aufmerksamkeit schrie.
Die Monster unter Saschas Bett bildete er sich nicht ein. Sie waren real, so wie die Geräusche, die manches Mal aus dem Kleiderschrank drangen, wie die Schritte, die die Stufen des Hauses zu ihm heraufstapften, unweigerlich, ohne dass er sich gegen sie wehren konnte. Und die doch immer wieder vor seiner Tür stoppten, gerade als fürchteten sie sich einzutreten.
Fast so, wie er selbst sich fürchtete, wenn er die Decke über seinen Kopf zog und nichts anderes tun konnte, als abzuwarten, als ruhig zu atmen und zu zählen, bis der Schrecken gleichzeitig mit den Lauten nachließ.
Albern nannten ihn die anderen, wenn er von seinen Ängsten zu erzählen suchte. Ein großer Junge sollte er sein, sich nicht anstellen. Nichts war da draußen, was ihm ein Unheil antun könne, das müsse er doch wissen – in seinem Alter.
Nur fragte Sascha sich ernsthaft, wie man ihm im Gegenzug weiszumachen suchte, ein neugeborenes Baby, von himmlischen Heerscharen, von pausbäckigen Engelskindern begleitet, sei in der Lage, die Welt zu erlösen. Welch ein Aberglaube könnte größer sein? Und inwieweit ergab eine Geschichte wie die der Weihnacht mehr Sinn, als das Monster, das er doch in seiner Nähe spüren konnte?
Jedes Mal, wenn sich ihm nachts die Haare aufstellten, wenn es sich durch einen Luftzug, ein Rascheln, ein Knacken verriet.
Und wusste er mit absoluter, unwiderlegbarer Sicherheit, dass er nicht allein im Raum war, wie man ihm erklären wollte, dann müsste er sich doch auch geneigt sehen, an Engel zu glauben. An ein Gleichgewicht der Mächte, als deren Spielball er selbst diente. Die sich an seiner Furcht und seinen Zweifeln ergötzten, sich über ihn amüsierten und als das ansahen, was er war. Ein kleines unwissendes Kind, das sich hilflos unter der Bettdecke versteckte. Das allein und verloren auf den Tagesanbruch wartete und darauf, dass die Angst verschwand.
Johannes verstand. Er war der Einzige, der ihm zuhörte und der nichts sagte. Er lauschte stumm, wog die Worte des Jungen in seinem Inneren ab und dachte über sie nach.
Und das war gut so. Sascha erwartete keine sofortige Antwort. Er erwartete keine Hilfe, die sich ihm aufdrängte. Nicht die vielleicht wohlgemeinten und doch abfälligen Ratschläge, die er sich von den großen Leuten anhörte. Von denen keiner ernsthaft verstand, was in ihm vorging. Als ob die großen Leute keine Angst kannten.
Sascha wartete ab, ob sie bei ihm auch verschwand. Doch mit jedem Zentimeter, den er wuchs, stellte sich erneut das Gegenteil ein, wuchs auch seine Angst, seine Einbildungskraft und sein Glaube an das Unvermeidliche.
Das Unvermeidliche sah nie angenehm aus. Es drohte stets dunkel und näherte sich unweigerlich.
Davon sprach Sascha nicht. Es half bereits, wenn Johannes nickte, wenn er sich anhörte, wie ein körperloser Fingerknöchel in der vergangenen Nacht gegen Saschas Fenster geklopft hatte. Wenn er es sich und dem Jungen ersparte, ihn zu ermahnen, davon zu sprechen, dass der sich nur zusammenreißen solle, dass alles ohnehin früher oder später vorbeiginge.
Und Johannes brachte seine eigenen Geschichten mit ein, die noch weitaus tiefere Abgründe aufwiesen, als Sascha sich je vorzustellen vermochte.
Der Onkel sprach von Dämonen, die durch die Welt zogen, die den süßen, weichen Geschichten widersprachen, welche so gerne die Wahrheit für sich in Anspruch nahmen und doch wussten, dass sie nichts als Seifenblasen in die Luft steigen ließen.
Johannes erzählte Geschichten, die Sinn ergaben, die Saschas Welt besser erklärten als Naturwissenschaft, als Schule und alle Erwachsenen zusammen.
Er fasste das Böse in Worte und nahm ihm damit den Schrecken. Wenigstens versuchte Sascha es so zu sehen. Zudem verursachten die Bilder, die der Onkel entwarf, einen wohligen Schauer, der gerade an der Grenze zwischen Wohlbefinden und Schrecken balancierte, Saschas Herz dazu brachte, schneller zu schlagen und seine Fantasie noch Tage, Wochen nach der Erzählung anzukurbeln.
Er dachte viel über die Figuren nach, die Onkel Johannes schilderte. Und obwohl der steif und fest behauptete, dass sie alle der Wirklichkeit entsprangen, wagte Sascha, seine Zweifel anzumelden. Zu entfernt, zu abgehoben und manches Mal auch zu gruselig erschienen ihm die Sagen.
Es war einfacher, dem Urteil der Erwachsenen zu lauschen, sich von ihnen vergewissern zu lassen, dass Onkel Johannes nicht wirklich wusste, was er sagte. Wenngleich der Zweifel hängen blieb, an Sascha nagte und die erfundenen Gestalten immer wieder aufleben ließ.
Letztlich befand Sascha sich noch in einer magischen Welt, in einer Zeit seines Lebens, in dem Märchengestalten lebendig werden und direkten Einfluss nehmen konnten.
So wunderte es auch nicht, dass die Geschichte vom Apfel-Josef, die ihm in einer besonderen Stimmung, am Heiligen Abend und zu später Stunde nahegebracht wurde, sein kindliches Gemüt stärker beeinflusste, als der Onkel es sich wohl jemals ausgemalt hätte.
Der zog sich mit Sascha wie schon so oft zuvor in den Schatten des Weihnachtsbaumes zurück, in eine Ecke, die sie beide gut genug verbarg, dass tatsächlich niemand auf die Idee kam, es könne sich jemand dort befinden, und begann zu erzählen.
Keine Bücher, keine Zeichnung und kein Bild halfen ihm dabei. Er nahm Sascha beiseite, neigte sich ihm auf merkwürdig verschwörerische Weise zu und legte einen Finger auf die gespitzten Lippen.
„Es ist eine besondere Geschichte“, sagte er. „Ich habe damit gewartet, sie dir zu erzählen, weil ich wollte, dass du alt genug bist, um sie begreifen zu können. Um sie wirklich begreifen zu können.“
Er sah den Jungen fragend an, der hastig nickte, dessen Augen größer wurden in Erwartung der Wunder, die sich ihm nun offenbaren werden. Die Zweige des Tannenbaumes hingen tief über ihre Köpfe, der Duft des Grüns, des geschmolzenen Wachses und der zahllosen Gerüche unzähliger Köstlichkeiten, die sie bereits gekostet hatten oder deren Genuss noch vor ihnen lag, erfüllte Saschas Sinne, trug zu dem Zauber bei, in den er sich einspinnen ließ.
Onkel Johannes begann zu erzählen, und Sascha versank in einer anderen, fremdartigen Welt.
Es war der Apfel-Josef, sagte Johannes. Um ihn drehte sich alles. Er wiederholte die uralte Geschichte von Moral, Teufel, Versuchung und dem Verkauf des Kostbarsten, was einem Menschen gehörte. Seiner Seele.
Nicht dass er unglücklich war, dass ein Grund für sein Handeln existierte. Es ging ihm den Zeiten entsprechend gut. Er besaß ein Haus, er besaß eine Obstplantage, auf der er genug Apfelbäume gepflanzt hatte, um für eine lange Zeit seinen Erwerb zu sichern. Und doch fehlt ihm etwas.
Und doch sah er sein Haus an, zweifelte, und fand immer wieder winzige Risse im Gebälk, abgebröckelte Steine, angekratzte Fenster. Diese winzigen Fehler wuchsen in seinen Augen zu riesenhafter Größe an. Er konnte, wollte sie nicht übersehe. Sie quälten ihn, besetzten seine Gedanken, beschäftigten ihn Tag und Nacht.
Sein Haus war nicht groß genug, nicht neu genug, nicht perfekt genug. Stets schielte er auf andere, sah nur Gebäude, die größer waren als seines. Nur Häuser, die schöner waren als seines, Felder, die sich bis zum Horizont erstreckten. Im Gegensatz zu ihnen erschienen Josef seine eigenen Bäume winzig und armselig. Nach einer Weile konnte er deren Anblick nicht mehr ertragen. Zu schäbig, zu einfach, zu billig ragten die Zweige in die Höhe. Monatelang ohne Früchte, ohne Blätter zu tragen. Kahle Äste, mit denen sich nichts anfangen ließ. Obwohl sich in Josefs Keller die Äpfel stapelten, eingemacht in Gläsern, getrocknet in Ringen, oder vergoren als Getränk, war Josef nicht zufrieden, nie zufrieden.
Der Ort, in dem er lebte, war nicht reich. Viele Leute beneideten ihn. Er besaß ein Haus, ein festes Dach über dem Kopf, und einen Broterwerb. Er lief keine Gefahr zu hungern, keine Gefahr, in Armut zu versinken. Josef war kein reicher Mann, aber er hatte sein Auskommen.
Niemand wusste sich zu erklären, warum Josef mit seinem Schicksal haderte. Sein einst gesundes, rundes Gesicht fiel ein, Falten prägten sich zwischen Nase und Mund, verliehen ihm ein finsteres und missmutiges Aussehen. Er grüßte niemanden mehr. Seine alleinige Aufmerksamkeit galt den großen Häusern auf dem Hügel, den Anwesen, den Villen, in denen die Mächtigen des Ortes lebten. Und nach geraumer Zeit wurde aus der leichten Besessenheit eine Obsession.
Josef wünschte sich nichts mehr als dazuzugehören. Seine Äpfel reichten ihm nicht. Er wollte mehr. Er arbeitete hart, pflanzte so viele Bäume auf seinem Gelände, wie er es vermochte, verhandelte gnadenlos, verkaufte zu Höchstpreisen, begann sich seinen Vorteil auf Kosten anderer zu sichern, gar zu lügen und zu betrügen um des Profits willen, der ihn doch nie befriedigte.
Was er einst an Moral besessen hatte, war verschwunden, gewichen der Gier, die nun sein Leben bestimmte.
Josef mischte sich in die Politik, er wollte ein Amt, Macht und Einfluss, aber ohne ausreichendes Vermögen besaß er keine Möglichkeit, sich einen Namen zu machen. Er zog sich zurück, blieb allein und unglücklich, lebte nur für seinen unerfüllten Ehrgeiz, stieß die Menschen von sich fort und quälte sich selbst, ohne es zu wissen.
Keiner Schönheit gab er in seinem Leben Raum, kein Gefühl ließ er zu, mit Ausnahme des brennenden Verlangens, seinem Leben eine Bedeutung zu verleihen, die ihren Ausdruck in Form von Geld und Gold finden sollte. Josef glaubte fest, dass Reichtum unvergänglich sei, er glaubte, dass nichts zählte als die Summe dessen, was der Mensch besaß.
Der Winter war bitter kalt, die Welt gefror, aber er merkte es nicht. Er saß in seinem Keller, betrachtete die eingemachten Gläser, die gefüllten Flaschen, zählte sie zum wiederholten Mal und begann dann damit, unverhohlen grobe Flüche auszustoßen. Es würde nicht besser werden, es wurde nie besser. Niemals würde er mit dem, was er besaß, das erreichen, wonach er sich sehnte.
Es war eine besondere Nacht, in der sich alles änderte. Auch wenn Josef sich nicht bewusst war, dass es sich um die Nacht zum 25. Dezember handelte. Josef war weit davon entfernt, sich für das Christfest oder jede Art von Feier zu interessieren. Er besaß niemanden mehr, weder Freunde noch Familie. Alle hatte er von sich gejagt, seinem sinnlosen Ehrgeiz untergeordnet. Das Loch in seinem Herzen klaffte weit auf, doch sah er nicht, womit er es füllen konnte.
Er erhob sich und begann, durch die Straßen des Ortes zu laufen. Ziellos, ohne zu ahnen, wohin der Weg ihn führte.
Die Kirchenglocken läuteten die Mitternacht ein, aber Josef schenkte ihnen keine Beachtung, schenkte weder der Christnacht eine Beachtung, noch dem Sternenzelt, das sich weit über ihn wölbte, ihn mit unzähligen funkelnden Lichtern erfreuen wollte. Die Glocken hallten in der Weite, der Mond stand als schmale Sichel am Himmel. Sein silberner Schein verwandelte die Welt in einen friedlichen Ort.
Doch der Zauber, der durch die Nacht wehte, zerfloss unbeachtet im Angesicht von Josefs Schwermut. Er haderte mit seinem Schicksal, ergab sich der Hoffnungslosigkeit seines Daseins, die ihn niederdrückte. Warum, fluchte er, warum nur ist mir nicht vergönnt, das zu erreichen, was ich mir wünsche. Warum erhalten alle anderen ihren Willen, erfüllen sich ihre Träume, nur meine gehen nicht in Erfüllung?
Josef ging schneller, verließ den Ort. Er sah nichts von all den Wundern, die um ihn herum geschahen. Er sah nicht die zarten Schneeflocken, die leise zur Erde rieselten. Weder bemerkte er das leise Singen aus der Ferne noch die sanften Schwingungen, die durch die Welt wanderten, Pflanzen, Tiere, und sogar Gestein in Vibrationen versetzen.
Kunstvolle Kristalle setzten sich auf seiner Jacke ab, hafteten an seinen Schultern und Ärmeln, als wollten sie ihn streicheln und schützen. Als wollten sie ihm einen Rat mit auf den Weg geben, einen Hinweis, der ihn umkehren ließ, zurückkehren in sein Leben.
Doch sein Leben erschien ihm bitter und ungerecht. Seine Mundwinkel verzogen sich nach unten, seine Stirn runzelte sich, als er seine Schritte beschleunigte. ‚Es ist eine Zaubernacht‘, flüsterten Erde und Geister ihm zu. Sie sei magisch, sie locke, sie verlocke die Geschöpfe der Nacht. ‚Erkenne sie, genieße sie‘, empfahlen ihm die Stimmen. Doch Josef hörte nicht, wollte nicht hören.
Er ging weiter, auf der Suche nach etwas, von dem er keine Vorstellung hatte.
Nur dass dieses Etwas eine deutliche Vorstellung von ihm besaß. Einen Plan, ein Ziel, und den Willen, seine Beute festzuhalten.
Josef sah nicht, wie Tannenbäume sich zu ihm neigten, als wollten sie in beschützen. Er sah nicht, dass der Schnee in dichteren Flocken fiel, sich wie weiße Watte auf die Erde setzte. Gerade so, als versuche der, die Geräusche zu dämpfen, die sich, je weiter Josef ging, desto mehr einem zarten Silbergeläut unterwarfen, das vom Horizont zu ihm drang.
Er war gefangen in seinem eigenen Verstand, in seiner eigenen Überzeugung, in seinem eigenen Glauben an das, was richtig war. Was er als richtig ansah. Und so beachtete er die wundersamen Geschehnisse, die sich um ihn herum ereigneten.
Bis auf einmal, unvermittelt eine Gestalt vor ihm stand. Sie ragte in die Höhe, hager und knochig, doch zugleich und gleichermaßen stolz und krumm.
Ein langer Schwanz peitscht durch den Schnee. Zwei riesenhafte Hörner schmückten den Kopf, der unter dem Gewicht zu schwanken schien. Und der war, Josef blinzelte, doch er irrte sich nicht, von leuchtend roter Farbe. Die Haut der Erscheinung glühte. Wenige Haare umwehten das hässliche Gesicht. Gelbe Augen leuchteten. Josef wäre zurückgewichen, wenn er sich nicht zu sehr erschrocken hätte. Die Erscheinung flößte ihm Furcht ein, sie hätte jedem lebendigen Menschen Furcht eingeflüstert.
In all ihrer Hässlichkeit neigte die Gestalt den Kopf, so dass ihre Hörner lange Schatten warfen. Es war, als schiene der Mond heller, um die Dunkelheit, welche die Erscheinung wie einen Mantel umhüllte, zu vertiefen.
‚Du weißt, warum ich hier bin‘, flüsterte sie. ‚Und du weißt, wer ich bin.‘
Josef schluckte trocken und nickte zögernd.
„Ich weiß, wer du bist, aber nicht, was du von mir willst.“
Die Gestalt schnalzte ungeduldig mit der Zunge. Sie kniff die Augen zusammen, doch der gelbe Strahl, intensivierte sich dadurch.
„Du magst glauben oder dir verzweifelt einzureden suchen, dass ich ein Mythos bin. Und doch existiere ich. Ich trage unzähligen Namen, mehr als du dir vorstellen kannst. Man nennt mich den König der Lügen, dabei spreche ich immer die Wahrheit. Auf mich ist Verlass, ein Handel mit mir führt zum Erfolg.
‚Der Teufel‘, flüsterte Josef.
„Luzifer“, sagte die Erscheinung, „der Lichtbringer behagt mir mehr. Gerade in dieser Nacht, in der es um das Licht geht und um die Erhaltung von Wärme und Feuer. Es ist meine Nacht und meine Chance, denen, die sich an mich wenden, behilflich zu sein.“
Josef schluckte wieder. Seine Kehle war trocken. „Ich brauche deine Hilfe nicht“, ächzte er.
Luzifer warf den Kopf in den Nacken und lachte laut. Es klang wie das Gebrüll eines wütenden Löwen.
„Du von allen anderen brauchst sie am meisten“, stellte er fest.
„Du hast mich gerufen, schon seit Jahren. Sag selbst, ist es nun auch, wie du es dir vorgestellt hast?“
Josef wich Luzifers Blick aus, konnte ihn nicht mehr ertragen. Er schloss die Augen, presste die Lippen zusammen, und schüttelte den Kopf. Luzifer lachte wieder. „Das dachte ich mir doch.
Du bist bereit für ein Handel, und du weißt auch, um was für einen es mir geht.“
Josef öffnete die Augen wieder und starrte die Gestalt vor sich an. Deren Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln.
„Du weißt, dass ich die Macht besitze, dir alle Wünsche zu erfüllen. Die Macht und den Willen. Nur eine kleine Gegenleistung erwarte ich von dir. Eine klassische, eine bekannte, eine bedeutende Gegenleistung.“
Josef schüttelte wieder den Kopf
Luzifer legte einen langen, knorrigen Finger an die Lippen, als dächte er nach. Seine Fingernägel waren lang und gebogen, sie bohrten sich in seine rote Haut, bis ein Blutstropfen hervorquoll. Es zischte, und der Blutstropfen verschwand mit einem Funken.
„Du glaubst doch nicht daran“, sagte Luzifer. „Nicht an die unsterbliche Seele, nicht an die Heiligkeit des Lebens. Wenn es vorbei ist, ist es vorbei. Du lebst im Hier und Jetzt, und jetzt ist die Zeit, in der du erreichen wirst, was du erreichen willst. Mit meiner Hilfe.“
„Ich werde reich sein“, flüsterte Josef. „Reich und mächtig, wichtiger als jeder andere.“
Luzifer lachte. „Es wird mir ein Vergnügen sein. Und das Vergnügen wird nicht so schnell enden.“
Er streckte seine riesige Klaue aus und Josef fühlte, wie sich sein eigener Arm bewegte, ohne dass sein Gehirn einen Befehl dazu aussandte. Er fühlte, wie die heiße Hand seine kleine umfasste und zudrückte, wie seine Haut brannte und schmerzte. Mit einem Schrei zog er sie zurück und betrachtete die gerötete Handfläche.
Winzige Risse bildeten sich. Blut strömte heraus. Luzifer hob seine eigene Hand zum Mund und leckte mit einer langen spitzen Zunge das Blut auf. Er schloss die Augen und brummte genießerisch.
„Siehst du“, sagte er, „so einfach ist das. Du wirst es nicht bereuen, nicht sofort.“
Damit verschwand er und Josef blieb verwirrt zurück. Er sah in den Himmel, sah um sich, aber er konnte nichts erkennen.
Er war allein, allein mit einem Traum, der entweder Albtraum oder erstes Anzeichen des Wahnsinns sein musste.
Josef bemerkte zum ersten Mal an diesem Abend, in dieser Nacht, die sanfte Krümmung des Mondes über ihm, den milchigen Schein, den der Himmelskörper aussandte.
Und die Zweifel an sich selbst, an seinem Leben, verschwammen, verwandelten sich in unbedeutendes Nichts. Ebenso wie die Erinnerung an die rotgesichtige Gestalt sich in Nichts auflöste, zu einer lächerlichen Einbildung wurde, die es sich nur zu vergessen lohnte.
Doch die Sterne über ihm blinkten heller, die Spuren, die er im Schnee hinterließ, sie malten Muster. Und Josef begann, diese Muster zu bewundern. Er begann, auf den Klang der Stimmen zu lauschen und sie erschienen ihm wie die schönste Melodie.
Menschen traten aus der Kirche, versammelten sich, lachten und redeten, während ihr Atem in weißen Wolken in den Himmel stieg.
Aus der Ferne läuteten Silberglocken, durchzogen mit ihrem Klang die Nacht, als versprächen sie neue Hoffnung und eine bessere Zukunft.
Josef kehrte nach Hause zurück. Er sah den Schnee auf dem Dach, die leeren Fensterhöhlen, die Einsamkeit im Inneren. Doch zugleich roch er den Duft süßer Äpfel, grüßten ihn kahle Äste aus seinem Garten, als wären sie nicht tote Mahnung, sondern freundliche Nachbarn.
Und am nächsten Tag erhielt er ein Angebot für seine Vorräte.
Ein Unglück war geschehen, ein plötzlicher Mangel an der Frucht, die doch gerade während dieser Zeit des Jahres in aller Munde sein wollte.
Sein Keller war leer, ehe er sich’s versah. Und sein Konto voll.
Nicht nur das, die Nachricht von seiner Hilfe, von der Qualität seiner Produkte, deren Geschmack, machte die Runde.
Zeitungen, Radio, Fernsehen vermeldeten sein Genie, seinen Erfolg und verbreiteten seinen Namen, so wie er damit begann, sein Geld zu verbreiten.
Er kaufte das größte Haus im Dorf. Er wurde bekannt als Apfel-Josef, als ein Wahrzeichen, eine Institution. Um seine Villa baute er einen goldenen Zaun. An den Spitzen der Pfähle schimmerten goldene Äpfel. Und über seiner Tür brachte er ein Schild mit seinem Namen an, das weithin leuchtete. Und das nicht nur, weil sich sein Haus am höchsten Platz des Ortes befand.
Nun waren es seine Apfelplantagen, die bis zum Horizont reichten. Er war zu einer Marke geworden, zu einer Berühmtheit, zu einer gehörten Stimme im Stadtrat.
Wahlen standen an und er wachte auf als Bürgermeister.
Was er anfasste wurde zu Geld. Josef lachte und genoss sein Leben. Keinen Gedanken verschwendete er an den Preis seines Erfolges. Er hatte vergessen was ihm seinen Aufstieg ermöglicht hatte, seine Begegnung zur mitternächtlichen Stunde war ihm entfallen.
Das alte, vergangene, unzufriedene Leben versank im Nichts, und Josef erwachte in einer Existenz, die nicht ihm gehörte.
Nur wusste er das nicht.
Nur schleichend und je mehr die Jahre vergingen, je länger sich sein Erfolg hinzog, je mehr Fragen zu seiner unglaublichen Glückssträhne gestellt wurden, kroch das Gefühl einer Unzulänglichkeit, die er sich nicht erklären konnte, in sein Bewusstsein. Es war nicht, als glaubte er, dass er sein Glück nicht verdient hatte. Aber er bemerkte die Nebenerscheinungen, bemerkte den Neid, der ihm zunehmend und von allen Seiten entgegenschlug.
Nun war er es, der auf dem Hügel lebte, zu dem die anderen aufsahen. Er wusste, dass er beneidet wurde. Und je sicherer sich Josef dieses Wissens wurde, desto stärker verdichtete sich seine Ahnung von verdrängten Gefühlen, die in seinem Inneren schlummerten, auf Entdeckung warteten.
Er begann, sich selbst in seinen Neidern zu sehen. Und erkannte seine Neider in sich.
Mit der Erkenntnis beschlich ihn auch die Erinnerung an eine Begegnung, an die zu glauben, er sich dennoch weigerte.
Älter wurde er, sein Körper gebrechlich. Seine Erscheinung sank in sich zusammen, seine Wirbelsäule beugte sich unter dem Gewicht des Alters.
Die Falten in seinem Gesicht entstammten nun nicht mehr seinem Gram, sondern waren natürliche Folge des Alters.
Mit dem Nähern des Endes seines Lebens entdeckte er dessen Wert.
Je mehr sein Körper zerfiel, desto wacher wurde sein Geist, desto heftiger seine Träume.
Er flüchtete vor ihnen. Die Kirche des Ortes, die er seit seiner Kindheit nicht mehr von innen gesehen hatte, sah ihn öfter als je zuvor.
Angst ergriff ihn und schlug um in Panik. Je wehrloser er sich fühlte, desto gewaltiger stürzten sich die Bilder des roten Monsters auf ihn. Und er begann, um seine Seele zu bangen.
So erstaunte es ihn nicht wirklich, als eines Nachts Luzifer vor ihm stand.
Josef saß zusammengesunken in seinem Sessel, starrte auf den Boden. Es war Mitternacht und wieder Heiligabend. Doch Josef konnte dem Fest noch immer nichts abgewinnen. In all den vergangenen Jahren hatte er sich an diesem Datum in sich zurückgezogen, gerade als erahnte er, dass an diesem Tag begonnen hatte, was sich nicht mehr stoppen ließ.
„Ich bin gekommen, um meinen Vertrag einzulösen“, sagte Luzifer.
Josef blinzelte zögernd, hob widerstrebend die Lider.
„Ich dachte, du bist nicht echt“, krächzte er.
„So geht es vielen von euch erbärmlichen Menschen“, erwiderte Luzifer. „Was für euren Verstand zu groß und bedeutend ist, das zieht ihr vor zu leugnen.“
Er schüttelte den Kopf und Josef betrachtete die langen Hörner und die Dunkelheit, die sie nach sich zogen.
„Bitte …“, flüsterte er.
Luzifer lachte. „Handeln wollt ihr auch alle. Es wäre mitleiderregend, wenn ich Mitleid empfände.“
„Ich kann mich nicht erinnern.“
Luzifer schnalzte mit der Zunge. „Es ist doch immer wieder dasselbe. Du hattest einen Wunsch, und ich habe ihn dir erfüllt. Aber nichts auf dieser Welt ist umsonst. Ihr vergesst das nur.“
„Ich habe es nicht vergessen“, ächzte Josef. „Was willst du also? Meine Seele?“
Luzifer nickte. „So lautet der Vertrag.“
Josef hustete. „Aber ich habe meine Meinung geändert. Ich habe mich geändert.“
Luzifer schüttelte den Kopf. „Du bist älter geworden, hast dein Leben gelebt. Und du musst zugeben, dass es ein gutes Leben war.“
„Das war es“, nickte Josef. „Aber … erst seitdem ich dich getroffen hatte, gingen mir die Augen auf. Zuvor erkannte ich nicht, worum es wirklich ging.“
Luzifer verschränkte die klobigen Arme vor der Brust. „Ja, das kommt mir auch bekannt vor. Erst mit dem Bewusstsein eurer Endlichkeit, wisst ihr das Leben zu schätzen.“
„Das ist es nicht.“ Josef schüttelte heftig den Kopf. Sein Genick schmerzte.
„Ich war verblendet. Und plötzlich zog mir jemand den Schleier vom Gesicht.“
„Und nun willst du aus dem Handel raus.“ Luzifer senkte den Kopf. Seine Hörner wiesen drohend auf den alten Mann im Sessel.
Der hustete wieder, trocken und gequält. „Ich weiß, dass ich aus dem Handel nicht rauskomme“, fuhr er fort, als er wieder zu Atem kam. „Aber ich muss es doch wenigstens versuchen. Es ist nicht fair, wenn einem nicht alle Fakten dargelegt werden.“
Luzifer lachte. „So ist das Leben. Niemand kennt alle Fakten. Darin liegt das Abenteuer.“
„Ich brauche noch etwas Zeit“, stammelte Josef. „Ich muss andere warnen, … erklären, was geschehen ist.“
„Einen Aufschub?“ Der Teufel runzelte die Stirn. „So läuft das nicht. Deine Seele ist mein.“
„Das weiß ich doch.“ Josef keuchte und rang nach Luft.
„Und ich wehre mich auch nicht. Ich brauche nur mehr Zeit.“
„Und ob du dich wehrst“, stellte Luzifer fest. „Gib es zu. Du würdest alles tun, alles eintauschen, um zu erhalten, was du dir wünschst. Geradeso wie du es schon einmal getan hast.“
Josef wand sich in seinem Stuhl. Seine Glieder schmerzten, doch die Wahrheit schmerzte mehr.
„Was willst du von mir?“
Luzifer hob eine Augenbraue und lächelte. Seine gelben Zähne blitzten.
„Du musst mir einen Grund bieten“, meinte er nachdenklich. „Ein Entgelt, das sich für den Teufel lohnt.“
„Was?“ Josefs Atem ging rasselnd, bevor er stockte.
„Verschaff mir weitere Seelen.“ Luzifer kniff die Augen zusammen und riss sie gleich darauf weit auf, so dass ihr gelbes Licht Josef blendete und er sich abwandte.
„Nein“, krächzte der. „Wie könnte ich … ich könnte nie. Ich wollte doch eigentlich … im Gegenteil, davon berichten, worauf es tatsächlich ankommt. Vor dem Irrtum warnen, dem ich verfallen war.“
„Ein netter Gedanke“, meinte Luzifer. „Aber seien wir doch ehrlich. Im Endeffekt ist es dir einerlei, was mit den anderen Menschen geschieht. Du hast nur Angst. Du bist mit deinem Handel gut gefahren, und vertraue mir, andere werden es auch.“
Er schnippte mit den Fingern und ein Funke stob auf.
„Andernfalls treten wir gleich den Weg ins Höllenfeuer an. Du hast die Wahl.“ Er lächelte zufrieden. „Behaupte nie, dass ich niemandem eine zweite Chance gäbe.“
„Was … was soll ich tun?“
Luzifer schürzte seine schmalen Lippen.
„Kaufen und verkaufen, schlage ich vor. „Geradeso, wie du es dein ganzes Leben lang getan hast.“
„Das wäre kein Problem.“ Josefs Krächzen klang hoffnungsvoll. „Dass ich Talent habe, wird niemand leugnen können. Im Laufe der letzten Jahre verwandelte ich Gold in Diamanten.“
Luzifer lächelte und seine Mundhöhle klaffte dunkel und unangenehm auf. Josef atmete den Gestank der Hölle, der daraus hervorquoll.
Luzifer lächelte und er lächelte ein wahres Lächeln. Seine Zähne blitzten, seine Augen funkelten.
„Wie du sagst, gerade so wie du es sagst.“
Josef neigte sich vorwärts, doch die Bewegung presste seine Lungenflügel zusammen und er begann erneut zu husten. Schwer atmend sank er zurück und schloss erschöpft die Augen.
„Was soll ich tun, ich bin zu allem bereit.“
Luzifer nickte.
„Du weißt, dass es dir letztendlich nicht zum Vorteil gereicht. Du bist verdammt, so oder so. Es geht hier nur um einen Aufschub.“
Josef presste seine Lippen zusammen. Als er wieder sprach, klang seine Stimme klein und schmal.
„Gibt es wirklich keine andere Möglichkeit?“
„Was glaubst du, mit dem du redest“, lachte Luzifer.
“Was glaubst du, wie so ein Handel abgewickelt wird? Oder, genauer gesagt, wie wir so einen Handel abwickeln.“
Er schüttelte leicht den Kopf Sein Schwanz peitschte auf dem Boden und kleine Schweißperlen entstanden auf seiner Stirn.
Er wischte sie sich ab und betrachtete interessiert seine riesigen, grobschlächtigen Hände.
„Ich hätte nicht geglaubt, dass es hier so warm werden könnte“, sinnierte er. Aber gleich darauf wandte er den Kopf und sah Josef an, runzelte die Stirn. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und eine spitze Zunge leckte über die dünnen Lippen.
„Die andere Seite“, sagte er spöttisch, „die von sich ein Bild der Güte und der Liebe entwirft, was glaubst du, womit sie sich beschäftigt?“
Josef blinzelte und wunderte sich über den grünen Stich der sich in Luzifers Gesicht ausbreitete, der dessen Haut erst lila dann tief violett aufleuchten ließ.
„Handel ist nicht deren Ding“, murmelte er zu sich selbst. „Ob sie kein Interesse daran haben, oder einfach zu dumm dafür sind, darüber zerbricht sich unsereiner schon seit Jahrtausenden den Kopf.“
Er schnalzte mit der Zunge.
„Fakt ist, dass wir die Geschäfte führen, und unsere Geschäfte gelten immer. Wir neigen nicht zu Hintertürchen und Ausflüchten, wir sind auf unseren Vorteil bedacht, genauso, wie Menschen auch. Das ist Kapitalismus in Reinkultur und wer, glaubt ihr, hat diesen ersonnen?“
Josef schluckte.
„Was also soll ich tun?“, wiederholte er sich. Luzifer gab vor zu überlegen. Josef sah es, erkannte es an den Falten, die in dessen Augenwinkeln zuckten.
„Es muss doch einen Plan geben.“
„Oh, den gibt es“, versicherte Luzifer, „dessen kannst du gewiss sein.“
Er sah aus dem Fenster, betrachtete die einzelnen Schneeflocken, die langsam, unerträglich langsam, fast als weigerten sie sich, zu Boden sanken.
„Und da wir sind, wer wir sind, wirst du für deinen Aufschub bezahlen.“
Josef sah fragend zu dem Monster auf. Er fühlte, wie das Blut aus seinem Gesicht wich, wie seine ohnehin schon blasse Haut eine graue Tönung annahm.
Ihm schwante Fürchterliches. Und es sollte ihn nicht enttäuschen.
Der Teufel nahm einen der letzten Äpfel, die noch aus der späten Ernte übrig waren und drehte ihn in seinen riesigen Händen. Die Frucht war bereits verrottet, die Schale braun und weich, eine traurige Erscheinung
Josef war schon lange nicht mehr in der Lage, für Frische und Sauberkeit in seinem Haushalt zu sorgen. Er ließ die Äpfel in seinen Räumen achtlos herumliegen, da sie ihn an bessere Zeiten erinnerten, wärmere Zeiten, weniger frostige, und damit von der Überwindung des Unheils kündeten.
Luzifer legte den Apfel auf seine linke Hand und hob diese langsam an, näherte sich mit ihm Josefs Gesicht.
Und obwohl dieser schlecht sah, wurde sein Staunen immer größer. Denn was sich ihm auf dieser Hand näherte, war kein Apfel mehr, es verwandelte sich in eine Kugel von einzigartiger Klarheit, geprägt von scharfen Konturen und mit spiegelnder Oberfläche.
„Was ist das?“, fragte Josef verblüfft.
Eine freie, heiße Hand nahm Josefs in die eigene und legte den Apfel oder das, was einst eine Frucht gewesen war, in Josefs Finger.
Der Gegenstand vor ihm blitzte im schwachen Licht der Kerze.
„Sag du es mir“, forderte Luzifer ihn auf.
„Du weißt es besser als ich.“
„Ein Diamant“, flüsterte Josef. Und Luzifer nickte nur.
„Wozu?“
„Jeder Apfel, den du berührst, verwandelt sich in einen Edelstein“, klärte Luzifer in auf. „In das Kostbarste, was sich ein Mensch vorstellen kann.“
“ Aber wie“, stotterte Josef.
Luzifer lachte.
„Nun, du bist tot, was dachtest du, wie das funktioniert?“
Josef schnappte nach Luft. Luzifer lachte erneut.
„Du glaubst doch nicht, dass ich mich einem Lebenden zweimal zeige. Was hätte ich davon?“
„Aber was ist mit dem Aufschub?“
Luzifer schnalzte mit der Zunge.
„Wie schon gesagt, unser Handel gilt. Doch da alles, was du berührst, zu Edelstein wird, egal wie wertvoll oder wie unnötig er ist, treten für dich besondere Vorschriften in Kraft. Du wirst einmal im Jahr aus der Tiefe steigen, einmal im Jahr versuchen, deinen Apfel zu verkaufen. Eine Nacht, diese magische Nacht, wird dein ausgemergelter, verstaubter Körper zum Leben erwachen und mir und meinen Zwecken zu Diensten sein.“
Josef ächzte. Schmerz schoss in seinen Gliedern empor, von denen er nun wusste, dass sie tot waren, dass sie dazu verdammt waren, in der Erde zu vertrocknen, im Vakuum zwischen Himmel und Hölle auszuharren, bis ein ungnädiges Schicksal, eine unnatürliche schicksalshafte Macht, die er selbst heraufbeschworen hatte, sie zu einem unheiligen Zweck aus dem Schlaf riss.
Luzifers Grinsen verwandelte sich in eine schiefe, hässliche Grimasse. „Such keine Ausflüchte“, empfahl er trocken.
„Aber so war das … so habe ich es mir nicht vorgestellt“, stammelte Josef.
Luzifer kam näher und Josef versuchte, in seinem Stuhl zurückzuweichen. Es gelang ihm nicht, nicht einen winzigen Teil seines steifen Körpers konnte er bewegen.
Sein Herz hatte längst aufgehört zu schlagen, füllte sich stattdessen mit Grauen.
„Was kann ich tun?“ Er flehte, ohne dass seine Lippen sich bewegten. Mit weit aufgerissenen, starren Augen starrte er den Teufel an.
Der verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte langsam den Kopf, so dass seine Hörner die Luft durchschnitten. Ein hohler Klang begleitete die unheimliche Bewegung.
„Besorge mir eine neue Seele, dann erlöse ich dich von dem Fluch“, sagte er dunkel. „Verkaufe den Apfel für den Preis eines Unschuldigen. Wenn dir das gelingt, dann nehme ich dich zu mir.“
„In die Hölle?“, flüsterte Josef.
Luzifer schnalzte mit der Zunge. „Das Fegefeuer wird überschätzt. Es ist kaum zu glauben, was sich mit ein paar Gerüchten und ein wenig Mundpropaganda anrichten lässt. Aber ja, in die Hölle.“
Er neigte sich vertraulich näher zu Josef, löste die Arme voneinander. Eine der riesigen Pranken legte sich auf Josefs Schulter. „Glaub mir, bald wirst du dich danach sehnen.“
„Jedes Jahr?“, hauchte Josef.
„Einmal im Jahr“, bestätigte Luzifer.
Und so geschah es. Jedes Jahr in der Heiligen Nacht stieg der Körper Josefs aus seinem Grab. In seinen vermoderten Kleidern, der ausgetrockneten Gestalt streckte er den wenigen Vorübergehenden seinen glitzernden Apfel entgegen, bot ihnen den Handel an, versuchte, seine Kostbarkeit anzupreisen.
Doch niemand, so verzweifelt und unglücklich ein Mensch auch in dieser Nacht, die zur einsamsten des Jahres werden konnte, sich fühlen mochte, wandte sich auch nur nach ihm um. Niemand fiel auf ihn herein. Egal wie sehr er den Diamanten funkeln ließ, wie verlockend er seinen Edelstein zum Leuchten brachte, als wie glücksverheißend er ihn pries.
*
„Niemand?“, fragte Sascha atemlos.
Johannes tauchte aus der Welt, in die er ebenso wie sein Neffe versunken war, wieder auf.
„Niemand“, bestätigte er rau, und in seiner Stimme klang Mitleid. „Aber so kann es ausgehen, wenn ein Mensch es zulässt, dass die Gier zu stark in ihm wird. Selbst wenn er die Wahrheit erkennt, so kann er nie zurücknehmen, was er getan hat.“
Sascha rieb sich nachdenklich über den Nasenrücken. Seine großen Augen wurden traurig. Er sah zu seinem Onkel auf. „Aber Josef hat doch bereut. Muss da nicht jemand Erbarmen mit ihm haben?“
Onkel Johannes lächelte, doch sein Lächeln wirkte müde. „So ist die Welt nicht“, sagte er nach einer Weile. „Nicht einmal die Phantasiewelt.“
Sascha knabberte an seiner Unterlippe, schüttelte dann nachdenklich den Kopf.
„Aber in der Weihnachtsnacht geschehen doch immer wieder Wunder. Was, wenn ein Engel herabsteigt und den Josef zu sich heraufholt in den Himmel. Hat er denn nicht genug gebüßt?“
Johannes lachte, doch es klang bedrückt. „Für manche Sünden gibt es keine Vergebung.“ Er klopfte Sascha liebevoll auf die Schulter.
„Aber du bist richtig, mein Junge. Ein wenig Mitgefühl kann nicht schaden. Und dennoch solltest du immer daran denken, dass es besser ist, nicht auf die Verlockungen des Bösen hereinzufallen. Es ist immer stärker als du.“
Sascha schauderte. „Das werde ich nicht“, versprach er leise und Johannes nickte. Auch wenn sein Gesicht nicht glücklich wirkte, so schien er dem Jungen doch beruhigt.
„Was erzählst du ihm da nur wieder?“ Ein Arm schob den größten der Tannenzweige zurück, so dass die Silberkugeln daran klirrten.
„Autsch“, fluchte Saschas Mutter, als sich die Nadeln in ihre weiße Haut bohrten, bevor sie einen ärgerlichen Blick in die Zuflucht des Jungen und seines Onkels warf.
„Setze ihm nur keine Flausen in den Kopf.“
„Würde ich doch nie“, zwinkerte Johannes ihr zu.
„Du weißt, wovon ich rede.“
„Von meinen radikalen Ansichten und meiner abweichenden Gesinnung?“
„Von deiner Lebensart.“ Sie verdrehte die Augen.
„Außerdem gehört Sascha nun ins Bett. Er hat genug gefeiert für heute.“
Sascha sträubte sich nicht. Abgesehen davon, dass er diesen Ton kannte, sah er der Ruhe erleichtert entgegen. Sein Kopf war angefüllt mit glitzernden Äpfeln, Teufeln und erschreckenden Bildern.
Widerspruchlos zog er sich zurück, lauschte auf die dumpfen Geräusche des andauernden Festes im Stockwerk unter sich. Er horchte auf das Klappen der Tür, wusste, dass es Johannes war, der sich nun verabschiedete, der keinen Grund mehr sah, weiter auf einem Fest auszuharren, dem er ebenso wenig bewohnen wollte, wie die Feiernden ihn dabei haben wollten.
Unwillkürlich atmete Sascha auf und kuschelte sich zugleich tiefer in seine Bettdecke. Er versuchte an den Weihnachtsbaum zu denken, an das Glitzern des Lamettas, an den Duft der Kerzen und den Zauber des Festes. Aber das Einzige, was ihm in den Sinn kam, war die Geschichte, die Johannes ihm erzählt hatte.
Sascha bekam das Bild des Apfel-Josefs nicht aus seinem Kopf. Ein ausgemergelter Mann mit einem Kopf, der fast einem Totenschädel glich, und der vor der Tür des Friedhofs stand und seine Hand ausstreckte. Der in alten Lumpen zitterte und fror. Und der doch nur Beiwerk war für den strahlenden Edelstein, den er in seinen Fingern hielt. Der alles tat, um sich im Hintergrund zu halten, um die Aufmerksamkeit von sich abzulenken und stattdessen unwillige Käufer anzulocken. Der nach ungezählten Jahren des Wartens in der Erde auf den Aufstieg in eine kalte Winternacht seinen Widerstand aufgegeben hatte. Der sich nun nichts mehr ersehnte, als von Luzifer in dessen Armen aufgenommen zu werden. Der nichts mehr wollte, als dass sein Elend ein Ende habe. Und der dafür auch in Kauf nahm, dass ein anderer Mensch das gleiche Schicksal erlitt, das er durchlitten hatte.
Sascha warf sich hin und her. Der Schlaf wollte nicht kommen. Er suchte in sich nach der Furcht, nach dem Schrecken, den die Geschichte in ihm ausgelöst hatte. Aber das Einzige, was er fand, war Mitleid. Grenzenloses Mitleid für den armen Mann, der in eine solche Falle getappt war.
Die Nacht schritt voran, und öfter und öfter begannen die Türen zu klappen. Die Besucher gingen einer nach dem anderen, und das Haus wurde still. Und als Sascha kein Wort, keinen Laut mehr hörte, da fasste er sich ein Herz, warf die Decke beiseite und sprang aus dem Bett. Er stand einen Moment still und lauschte.
Als er keine Reaktion wahrnahm, kein Geräusch sein Ohr erreichte, tappte er auf leisen Sohlen zu dem Stuhl, auf dem er seine Kleider abgelegt hatte. Es dauerte nicht lange und er hatte sich angezogen. Noch schneller war er lautlos die Treppe hinunter geschlichen, hatte sich Stiefel aus dem Schrank genommen, den Schlüssel im Schloss gedreht, und war hinausgeschlüpft in die kalte Winternacht.
Ein unsichtbarer Faden zog ihn voran. Und obwohl er sein Ziel nicht kannte, folgte er der schleichenden Sehnsucht, die ihn auch aus dem Bett geholt hatte.
Es schneite wieder. Der Schnee bildete eine dünne Schicht auf dem Boden, die beim Betreten knackte, als bestünde ihre Oberfläche aus Eis.
Sascha ging weiter. Er zog den Mantel vor der Brust zusammen und legte das Kinn auf den Kragen. Es war kalt, bitterkalt, und Sascha beschlichen Zweifel. Doch musste er es wissen, musste sehen, ob die Erzählung der Wahrheit entsprach. So verrückt, so unglaubhaft sie ihm auch erschien, so besaß sie jedoch einen anderen Kern als die Geschichten, die ihm vertraut waren.
Er spürte, dass Johannes diese Geschichte ernst gemeint hatte und wusste ebenso, dass er dieser Ernsthaftigkeit verpflichtet war.
Sascha ging weiter. Es hörte auf zu schneien, und der Mond trat hinter einer grauen Wolke hervor. Auf einmal war die Welt mit einem feengleichen Schimmer erleuchtet. Sterne blinzelten und warfen winzige Lichter auf die funkelnden Kristalle zu Saschas Füßen.
In der Ferne standen aufrecht die finsteren Tannen, betrachteten den kleinen Jungen, der sich so furchtlos durch die Nacht bewegte.
Dann ging alles sehr schnell.
Ein Windstoß fuhr über das Feld, blies weißen Staub auf, ließ ihn in einem weißen Wirbel in die Höhe steigen. Und als Sascha die Augen wieder öffnen konnte, da erblickte er inmitten des eisigen Nebels einen mageren, krumm gewachsenen Mann.
Sascha blieb stehen. Seine Augen wurden größer. Er vergaß die Kälte, vergaß die winzigen Eisstücke, die immer noch um ihn herum wirbelten, seine ungeschützter Haut trafen. Das Einzige, was er noch bemerkte, war der glänzende Apfel in Josefs Hand. Denn dass es sich bei dem ausgemergelten Skelett um Josef handelte, dafür sah er keinen Zweifel.
Langsam kam er näher, ging auf den Mann zu. Dessen Mund öffnete sich, geradeso als erschrecke er, als hätte er nicht zu hoffen gewagt, dass ihn jemand wahrnahm. Doch dann, gerade so, als erinnerte er sich in diesem Augenblick an seine Aufgabe, streckte er Sascha seine klauenartige Hand entgegen.
„Ich hab hier etwas für dich, kleiner Junge, es kostet dich auch nichts, kein Geld zumindest.“
Sascha schüttelte den Kopf, wich aber nicht zurück. Die heisere Stimme des Mannes nahm einen flehenden Ton an.
„Siehst du nicht, wie er glitzert. Es ist reinster Diamant. Hast Du eine Ahnung, wie dein Leben aussehen kann, wenn du ihn dein Eigen nennst? Ewiges Glück, ewige Seligkeit, weniger verspreche ich dir nicht.“
Wieder schüttelte Sascha den Kopf.
„Ich will meine Seele nicht verkaufen „sagte er leise.
„Ich weiß von einem Handel mit Luzifer. Ich bin nicht dumm. Auf so etwas falle ich nicht herein.“
Die dünne, trockene Haut über den Knochen von Josefs Gesicht spannte, als sein Mund einen weinerlichen Ausdruck annahm.
„Aber du bist stehengeblieben, der Stein bedeutet dir etwas. Du siehst, was in ihm schlummert.“
Sascha schüttelte wieder den Kopf.
„Ich wollte nur sehen, ob du wirklich bist. Er war so anders heute Abend, so, als enthielte jedes seiner Worte eine Bedeutung.“
Josef sah ihn verständnislos an.
„Ich weiß nicht, wovon du redest.“ Er senkte den Kopf. „Aber jetzt sehe ich, wie schlimm es wirklich um mich steht, dass ich es nicht einmal verdient habe, meinem eigenen Albtraum ein Ende zu bereiten.“ Er sah wieder hoch.
„Wie konnte ich nur versuchen, ein Kind in diesen Abgrund zu zerren?“
Dicke Tränen kullerten aus dem geröteten Augen.
„Ich habe die schlimmste Strafe verdient. Luzifer hatte Recht, für mich gibt es keine Vergebung.“
Das Mitleid, das Sascha spürte, wuchs nun in ihm an, schwoll empor, bis seine eigenen Augen feucht wurden.
Er ging einen Schritt auf Josef zu und streckte die Hand aus. Er stand kurz davor, den Apfel zu berühren, zögerte und wollte dann doch Josefs Hand ergreifen, als auf einmal hinter ihm schnelle Schritte klangen und er starke Arme spürte, die ihn zurückrissen.
Sascha keuchte, aber lauter noch keuchte Johannes hinter ihm.
„Wie kannst du es wagen“, stöhnte er. „Wie kannst du es wagen, ein Kind dort hineinzuziehen?“
Josefs Augen wurden größer, seine Lippen bebten.
„Das ist mein Neffe, den du verdammen willst. Hast du uns nicht bereits genug angetan?“
„Johannes“, hauchte Josef.
Johannes schob Sascha hinter seinen Rücken und starrte die Erscheinung an. „Es ist also wahr“, flüsterte er. „Du hast nicht gelogen.“
„Ich hätte es dir nie erzählen sollen“, hauchte Josef. „Ich hatte nicht das Recht dazu. Es war so ein Glück für mich, dich zu kennen, mit dir die letzten Jahre verbringen zu dürfen. Ich hatte kein Recht, dir das anzutun.“
„Ich habe dich beerdigt. Ich habe um dich getrauert. Und die ganze Zeit, habe ich mich gefragt ob du die Wahrheit gesprochen hast.“
„Das habe ich. Aber es ist meine Strafe, und ich werde sie auf mich nehmen.
Sascha drängte sich vor. Zu seinem Schrecken entdeckte er, dass Johannes ebenfalls weinte.“ Was sollen wir jetzt tun?“, fragte er zaghaft.
„Du wirst nichts tun“, kommandierte Johannes.“Du wirst so schnell, wie du kannst, nach Hause laufen. Dann gehst du ins Bett und vergisst, was hier geschehen ist.“
Er wandte sich an Josef. „Du hast nur diese eine Nacht?“
Josef nickte stumm. Johannes sah Sascha an.
„Du wirst gehen“, wiederholte er eindringlich. Und in diesem Moment war es, als sei der Junge verschwunden, verschwunden aus der Welt.
Johannes griff nach dem Diamantapfel, schloss seine Finger um ihn, bevor Sascha ein Wort des Protests ausstoßen oder Josef seine Hand zurückziehen konnte.
„Nein!“
Aus zwei Kehlen klang der Schrei.
„Wenn es eine Möglichkeit der Erlösung gibt, dann werde ich alles tun, um dir zu helfen.“
„Nein“, wiederholte Josef brüchig.
„Kein ‚Nein‘“, gluckste Luzifers Stimme aus der Ferne.
„Ein Handel ist ein Handel. Seine Seele für deinen Seelenfrieden.“
„Das lasse ich nicht zu.“
Josef klammerte sich an den Stein. Und in dem Moment, in dem beide Männer den Apfel zu halten suchten, keiner von ihnen losließ, da bröckelte etwas in dem Stein, da färbte sich der durchsichtige Diamant in allen Farben des Regenbogens, bevor er verschrumpelte und zu einem kleinen braunen Klumpen wurde. Zu einem alten vertrockneten Apfel.
Als Sascha hinauf in den Himmel sah, da war ihm, als sei der ein wenig heller geworden. Als ob der Mond stärker schiene, und die Sterne wie Funken blitzten.
Ohne zu überlegen, stürzte er vorwärts, erwischte die sich gegenüberstehenden Männer so überraschend, dass sie ihr Gleichgewicht verloren und eine Kettenreaktion in Gang setzten, während der sie gegeneinanderstießen. Die endete damit, dass es Sascha gelang, ihnen den Apfel aus der Hand zu schlagen. Er fiel in den Schnee, kollerte noch ein Stück weiter, bevor er ruhig liegen blieb. Ein dunkler hässlicher Klumpen. Keine Spur mehr seiner einstigen Schönheit war zu erkennen.
Sascha klammerte sich an Johannes. „Du darfst nicht gehen.“
Johannes löste seinen Blick für einen Augenblick von dem Josefs. Er sah Sascha liebevoll und zugleich traurig an. „Ich muss es tun“, sagte er dann. „Ich liebe ihn. Und wenn man jemanden liebt, tut man alles für ihn, ob er nun tot ist oder lebendig, verflucht oder gesegnet.“
Sascha blickte seinen Onkel verständnislos an.
„Aber du kannst doch nicht … es ist die Hölle.“
Johannes schüttelte den Kopf.
„Die Hölle lebe ich schon hier.“
Die Fingerspitzen der beiden Männer berührten sich. Die knorrigen des Verdammten und die Hände von Saschas Onkel. Und es war, als flösse die Lebenskraft von Johannes in den ausgemergelten Körper des Apfel-Josefs.
Dessen Wangen füllten sich, sein Körper streckte sich, und auch wenn er kein junger Mann war, so erschien er nun gesund, lebendig.
Sascha merkte, dass er sich das Licht nicht einbildete. Es wurde tatsächlich heller. Der Mond strahlte, sein milder Schein verströmte eine Wärme, die weder in die Jahreszeit, noch in das Geschehen passen wollte. Und mitten hinein in diesen Zauber drang ferner Glockenklang.
Nicht das gehaltvolle Läuten schwerer Kirchenglocken, sondern das leise Läuten silberner Schellen.
Eine schwarzgraue Wolke riss auf, ein weiterer, hellerer Lichtstrahl drang aus ihr hervor und sanftes Licht strömte zu Boden wie ein Wirbel glänzender Schleier. Als es den Boden erreichte, da trat ein Engel aus ihm hervor.
„Es ist gut“, sagte der. „Luzifer hat verloren.“
Seine Flügel bewegten sich sanft, seiner Haare flatterten, obwohl sich kein Windhauch regte.
„Liebe ist stärker als jede Sünde. Das Böse kann nichts ausrichten, wenn man ihm selbstlose Opferbereitschaft entgegengestellt.“
Die Erde bewegte sich, und ein dunkles Keuchen kroch aus ihrer Tiefe. Der Engel stampfte kurz auf den Boden und schüttelte dann den Kopf.
„Der wird sich beruhigen“, sagte er. „Was er gesagt hat, entspricht der Wahrheit. Doch was für ihn gilt, das gilt erst recht für uns. In dieser Nacht stehen uns alle Türen offen. Und für Josef befindet sich gerade jetzt die Tür zu Erlösung in Reichweite.“
Johannes schluckte. „Und was kann ich dafür tun?“
Der Engel lachte glockenhell.
„Du brauchst nichts zu tun, das ist unser Weihnachtsgeschenk. Und das andere Geschenk, das sollte die Gewissheit sein, dass ihr beide euch wieder sehen werdet, in einer anderen, besseren Welt.“
Der Blick des Himmlischen fiel auf Sascha, doch seine Worte richteten sich an Johannes.
„Du hast jetzt eine wichtigere Aufgabe. Verrichte sie sorgfältig.“
Sachte fasste er Josef bei der Schulter. Schleier wirbelten hoch, bis sie beide bedeckten, vor Saschas und Johannes‘ Blicken verbargen und sich langsam vom Boden lösten, mit ihrer Fracht in die Höhe stiegen.
‚Wie ein Fahrstuhl‘, dachte Sascha.
Schüchtern schob er seine Hand in die des Onkels. „Was machen wir jetzt?“
Johannes schüttelte den Kopf. Dann sah er Sascha an und der erkannte die Feuchtigkeit in den Augen des Onkels, erkannte die Tränen, die dessen Wangen herabliefen.
„Wir gehen nach Haus“, sagte Johannes.
„Wo ist das?“, fragte der Junge.
Johannes umschloss Saschas kleine Hand mit seiner großen und nickte.
„Wir gehen zu dir. Aber hab keine Angst, du wirst keinen Ärger bekommen. Es war meine Schuld, und ich stehe dazu. Ich hätte dir nie davon erzählen dürfen.“
Sascha überlegte einen Augenblick. „Warum warst du nie da?“, fragte er. Wenn du es wusstest, warum bist du dann nicht früher gekommen?“
„Ich wusste es nicht“, gab Johannes zu. „Ich wollte es nicht glauben, bis ich dir davon erzählt hatte, bis ich in deinen Augen sah, dass du es verstanden hattest. Dass es möglich war und kein Wahnsinn, der aus mir sprach.“
„Keiner wird uns glauben“, bemerkte Sascha. Und zum ersten Mal seit langer Zeit lachte Johannes. Es klang ein wenig dröhnend, und ein wenig verzweifelt. Aber dann nahm er Saschas Hand fest in seine und führte den Jungen über den weißen Schnee unter den funkelnden Sternen entlang durch die dunkle Winternacht, deren Magie sie erleuchtete und ihr ewigen Bestand verlieh.

Have yourself a merry little christmas

Seasons Greetings to my lovely friendslist.
WikiLeaks

Im letzten Jahr hab ich tatsächlich keine einzige Fanfiction geschrieben. (Wenigstens kann ich mich nicht daran erinnern.) Und ich weiß nicht einmal, wie man einen traurigen Smiley herstellt, sonst würde ich ihn hier einsetzen. So kann ich nur vermuten: :(, 🙂
Aber ein paar originale Fictions sind dazugekommen, meistens extrem deprimierend. Daher die neue Weihnachtsliste:

Weihnachten im Camp
Original Slash
Weihnachten – Bann
Fremd
Weihnachtselfen
Original Femslash
Krieger
Sommer
Sylvester

Eine Petrelli-Weihnacht
Heroes, comedy
Unvermeidlich
24, comedy
Ein Numb3rs Weihnachtsfest
Numb3rs, comedy
Weihnachten in San Francisco
Crossover, comedy
Mourning
Crossover Slash Drabble, Heroes/24, english, Peter Petrelli/Jack Bauer
Damals
Heroes, drama
Allein
24, drama
Xmas
24, english, gen
A Jack/Chase Christmas
24, english, slash, smut
Willi Wonka’s – Before Christmas
Crossover,english, slash, sylum

Weihnachten in Stars Hollow
Gilmore girls, drama
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Noch etwas Schmuddeliges?
gratis e-books

Fast vergessen – mein Weihnachtsbuch:
Leseprobe aus ‚Kimberleys Weihnacht – Schlimmer geht’s immer‘!
Erschienen 2010, Aavaa Verlag
Alle Rechte vorbehalten.

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Erna schubste inzwischen Armin vorwärts. „Wir gehen“, verkündete sie. „Diese Umgebung kann und will ich unschuldigen Gemütern nicht länger zumuten. Emil, kommst du?“
„Also ich …“ Emil tauschte mit Tessa einen Blick. Das gab es doch gar nicht. War die Welt denn jetzt voller Paare? Und ich der einzige Single in meinem eigenen Haus?
Ich fing einen Blick Samiras auf. Sicher, sie teilte mein Schicksal. Aber im Gegensatz zu mir, war sie noch jung. Ich kippte den Inhalt des Glases, das ich noch in meiner Hand hielt, meine Kehle hinunter.
„Ich denke, wir bleiben noch ein wenig“, meinte Emil dann. „Ist doch so nette Gesellschaft hier.“ Tessa lächelte. Doch als Erna Armin nun auf ihren Bruder zu dirigierte, offenkundig in der Hoffnung, dass ein Mann ihm Verstand einprügeln konnte, sprang sie auf und nahm mich am Arm. „Wieso hast du mir nie verraten, was für einen hinreißenden Bruder du hast?“
„Emil?“ Ich brauchte unbedingt noch einen Drink.
„Natürlich Emil, er ist entzückend.“
„Er ist ein Zwangsneurotiker. Putzt den ganzen Tag. Deshalb hat seine Frau es nicht mehr ausgehalten.“
Tessa schnalzte mit der Zunge. „Du redest wirr. Er putzt, kocht, räumt auf, hat einen Job und ist zuverlässig. Zieht alleine ein Kind auf, um Himmels willen. Er ist ein Traummann.“
„Emil?“ Eindeutig brauchte ich einen Drink. „Das willst du mir nicht wirklich antun.“
„Ach du, Witzbold.“ Sie knuffte mich in die Seite. „Ich bin so froh, dass du mich heute eingeladen hast. Deine Familie ist Gold wert.“
Ich sah auf Erna. „Da wäre ich mir nicht so sicher.“
„Ach komm“, meinte Tessa. „Sieh sie dir doch an.“ Ich warf einen Blick auf Clarissa, die gerade ihren Kopf zur Seite neigte und ihrem Neffen Tamino durch sein Haar fuhr. Es störte sie keineswegs, dass er gerade dabei war, dem Lebkuchenmann seine Puderzuckerknöpfe abzureißen, die sie vermutlich in sorgfältiger Kleinarbeit hergestellt hatte. Mich störte allerdings der Anblick der roten Flecken an ihrem Hals, die sichtbar wurden, als ihr Tuch verrutschte. Zuerst dachte ich an Knutschflecken und unterdrückte einen Würgereiz. Doch dann fiel mir auf, dass die Male erheblich kleiner und auch dunkler aussahen, punktförmig, fast wie Bisswunden.
Ich packte Tessa am Arm. „Jacques“, keuchte ich und fühlte mich ein wenig bestätigt, als Tessa tatsächlich erstarrte. „Was ist mit dem Jungen?“, fragte sie vorsichtig. „Hast du nicht Angst …“
„Ich wollte es dir sagen“, unterbrach Tessa mich rasch. „Nur fand ich nicht den richtigen Zeitpunkt. Du warst so beschäftigt. Und dann überschlug sich alles.“
„Ich meine Clarissa …“
Plötzlich und ohne dass ich mehr gesagt hatte, richteten sich kühle Augen auf mich. Die Valizianer verfügten über ein erstaunlich gutes Gehör.
Ich senkte meine Stimme. „Es sieht fast aus, als sei sie gebissen worden. In den Hals.“
„Und du denkst … nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Nicht nachdem ich mich mit dem Gedanken angefreundet habe …“ Sie unterbrach sich und stürzte zur Tür. „Tanja! Du kommst sofort rein.“
„Aber Mama, was ist denn?“ Tanja kraulte Jacques im Nacken und kam widerstrebend näher. Tessa stemmte die Hände in die Seiten, starrte den Wolf an, der seinerseits einen Hundeblick auf sie richtete. Fast tat er mir leid. „Wir haben uns gerade erst ausgesprochen“, schmollte Tanja weiter. „Du weißt doch, wie unglücklich ich war. Aber jetzt ist alles geklärt.“
Tessa starrte den Wolf ärgerlich an, der sich tiefer duckte und leicht zurückwich.
„Jacques.“ Der Wolf winselte.
„Hast du jemanden gebissen? Jemanden aus diesem Haus, dieser Familie?“
„Aber Mama, wie kannst du nur? Das hatten wir doch alles.“
„Würde ich nie tun“, sagte Jacques zu meinem Erstaunen. Er war schwierig zu verstehen, die Zähne behinderten ihn ein wenig.
„Ich weiß nichts über die Glaubwürdigkeit von Wölfen“, schimpfte Tessa. „Vielleicht war es auch einer von seinen Freunden. Ich sehe keine anderen bissigen Wesen hier.“
„Wir sind nicht bissig“, brummelte Jacques.
Im Hintergrund räusperte sich jemand. „Da haben die Vierbeiner Recht.“
„Wie bitte?“ Tessa fuhr herum und stand plötzlich vor Arminius. Der hatte sich so schnell vor ihr aufgebaut, dass auch ich sein Nahen nicht bemerkt hatte.
„Kommen Sie doch lieber herein. Sie alle.“ Er nickte in Richtung der Wölfe. Die sahen sich an, zogen ihre Schwänze ein und kamen ins Haus, noch bevor ich wiedersprechen konnte. Eigentlich war ich auch nicht mehr zum Widerspruch fähig. Wölfe im Haus? Warum auch nicht? Und wenn sie schon zugaben, nicht bissig zu sein, dann konnte doch wirklich nichts geschehen. Außerdem schneite es inzwischen in dicken Flocken. Da jagte man keinen Hund vor die Tür. Oder Wolf.
Es war ein bisschen eng im Wohnzimmer, dennoch passten wir alle hinein. Ich ignorierte Ernas entsetzten Aufschrei beim Anblick der Wölfe, die sich vermutlich mehr erschreckten als sie und hinter dem Sofa zusammenkauerten.
„Sie können sich nicht zurückverwandeln“, warf Tanja Erna vor. „Egal wie sehr sie sich aufregen. Erst wenn die Sonne aufgeht, nehmen sie wieder ihre normale Gestalt an.“
„Armin!“
„Ist schon gut, Liebling.“ Armin, sichtlich ausgebrannt, murmelte nur noch leere Phrasen.
Arminius hingegen hatte wieder das Strahlen aufgesetzt, das mich bereits am Vortag genervt hatte. „Erst einmal meinen Dank für dieses wunderbare Fest.“ Er deutete eine Verbeugung in meine Richtung an. „Dass wir nun zu dieser Familie gehören, erfüllt uns mit Glück und Stolz.“
Erna starrte auf die Wölfe. Die ihrerseits starrten sie an. „Ich will nach Hause.“
„Aber sicher, meine Gnädigste.“ Nun verbeugte Arminius sich in ihre Richtung. „Und es wäre mir eine Freude, wenn wir Sie nach Hause bringen dürften.“
„Wir sind mit dem Auto da“, flüsterte Erna erschrocken. „Und wir haben Schneeketten“, bemerkte Armin.
„Aber natürlich“, nickte Arminius und reichte unvermutet Armin seine Hand. Dessen Mund klappte auf, dennoch gab er einen kräftigen Händedruck zurück.
„Sie sind betrunken und draußen ist es glatt“, sagte Arminius. „Wir werden Sie heimbringen. Ihr Bruder und unsere Tochter sind verlobt. Nun sind wir auf ewig verbunden und füreinander verantwortlich.“
„Öh, nun übertreiben Sie aber“, meinte Armin.
„Mitnichten, lieber Freund. Ist Ihnen überhaupt aufgefallen, dass wir uns einen Namen teilen? Auch wenn meiner ein wenig klassischer anmutet. Aber das liegt in der Natur der Sache und in meinem Alter begründet.“
„Was faseln Sie da nur?“, murrte Armin. „Für den Fall, dass es Ihnen nicht aufgefallen ist, meine Frau ist sehr skeptisch, was die Verlobung betrifft. Sehr skeptisch.“
„Mann, das ist doch egal“, fiel ich ein. „Was ist mit dem Biss? Wir haben hier ganz andere Probleme.“ Es kam nicht sehr überzeugend heraus, da mich ein Schluckauf peinigte. „Hicks, ich meine – Clarissa?“
Clarissa hob die Augenbrauen. „Was ist mit mir?“
„Hast du dich verletzt?“
„Wie kommst du denn darauf?“
„Ach ich dachte nur – hicks – da!“
Sie hatte ihren Schal abgelegt und ich zeigte aufgeregt auf die Wunden. „Das sind doch … ich meine … hicks!“
„Ach das.“ Clarissa kicherte. „Ist nicht so wie du denkst. Das war ganz allein meine Entscheidung. Ich wollte es.“
„Du wolltest dich von einem Werwolf beißen lassen?“
„Was? Nein – natürlich nicht.“
Clarissa sah sich hilflos um, bis sie Theobald entdeckte, der bereits wieder auf gewohnt missmutige Art in der Ecke stand. „Ich hab mich von ihm beißen lassen.“
„Wie bitte?“ Ich traute meinen Ohren nicht. Und offenbar ging es anderen ebenso.
„Wieso solltest du so etwas tun?“, fragte Emil entgeistert.
„Das ist doch krank“, murmelte Isabelle. „Du brauchst Hilfe, Mädchen.“
„Nein, jetzt nicht mehr“, lachte Clarissa glücklich.
„In was für eine Familie willst du da einheiraten?“ ging Erna nun auf Konrad los, der den Austausch stumm verfolgte, nur seinen Arm schützend um Amalia gelegt hielt. „Beißt du etwa auch andere Menschen?“
Nun richtete Konrad sich gerade auf. „Jetzt reicht es aber. Nein, ich beiße nicht. Und wenn Clarissa das will, dann ist das ihre Sache.“
„Aber doch nicht vor den Kindern“, protestierte Erna.
„Das ist doch alles ganz anders“, mischte sich Pandora ein. „Der Abend hat so schön angefangen …“
„Himmel – Herrgott“, schimpfte Konrad. „Jetzt hab ich aber genug. Seid ihr denn alle völlig von gestern? Muss ich euch wirklich mit der Nase drauf stoßen? Wir haben Wölfe im Wohnzimmer. Wollt ihr mir erzählen, dass ihr nicht von selbst darauf kommt.“
„Worauf – hicks – denn?“
„Darauf dass mehr Dinge zwischen Himmel und Erde existieren, als das Fernsehen uns beibringt.“
„Und zwar?“ Ich hatte ehrlich gesagt genug von dem Geschwafel.
„Kim!“ Clarissa kam strahlend und bleich auf mich zu. Eine irritierende Kombination, wenn auch nicht so irritierend, wie ihre Worte. „Ich habe mich beißen lassen. Ist das nicht großartig?“
„Das kann ich gar – hicks – nicht finden.“
„Du siehst die Konsequenzen nicht“, fuhr sie eifrig fort. „Stell dir nur vor, nie wieder Kalorien zählen? Nie wieder in den Spiegel sehen müssen. Ich kann für immer dünn bleiben.“
„Für die Ewigkeit“, ergänzte Arminius.
„Ach nein“, seufzte Konrad. „Du willst tatsächlich einer von ihnen werden?“
„Schon passiert“, verkündete Clarissa stolz. „War ganz leicht. Hat auch fast nicht weh getan.“
„Da hörst du es“, schubste Amalia Konrad an. „Es tut nicht weh.“

TBC im Aavaa Verlag auf http://www.buchfeinkost.de

christmas post – wishing a beautiful season

Eine Petrelli-Weihnacht
Heroes, comedy
Unvermeidlich
24, comedy
Ein Numb3rs Weihnachtsfest
Numb3rs, comedy
Weihnachten in San Francisco
Crossover, comedy
Mourning
Crossover Slash Drabble, Heroes/24, english, Peter Petrelli/Jack Bauer
Damals
Heroes, drama
Allein
24, drama
Xmas
24, english, gen
A Jack/Chase Christmas
24, english, slash, smut
Willi Wonka’s – Before Christmas
Crossover,english, slash, sylum

Weihnachten in Stars Hollow
Gilmore girls, drama
Photobucket
Weihnachten im Camp
Original Slash
Weihnachtselfen
Original Femslash

gratis e-book im club der sinne – für Erwachsene

Weihnachten in San Francisco

Weihnachten in San Francisco
Titel: Weihnachten in San Francisco
Autor: callisto24
Genre: Crossover, comedy
Fandoms: 24, House, Numb3rs, CSI Miami, Monk, Santa Claus …
Rating: PG-13
Inhalt: Weihnachtsquatsch
Disclaimer: Nichts davon gehört mir und ich verdiene hiermit auch kein Geld.

* * *

„Ich fühl mich wie zu Gast in einem Agatha Christie Roman“, schimpfte Geheimagent außer Dienst Jack Bauer. „Kaum nehme ich mir ein paar Tage frei, um Weihnachten auszuspannen und schon geschieht ein Verbrechen. Und wer muss es wieder aufklären?“

Sein flammender Blick wanderte über die farblich perfekt abgestimmte und nach Feng Shui Maßstäben berechnete Einrichtung des Wellness-5-Sterne-Hotels und er kratzte sich, vollkommen unpassend, an seinem Dreitagebart.

Captain Stottlemaier, amtierender Chef der Polizei San Francisco blickte vom Tatort auf. Sein Gesicht erhellte sich. „Ach, Mr. Bauer. Das ist gut. Wir können jede Hilfe gebrauchen. Vielleicht, wenn Sie Kontakt zum Präsidenten herstellen?“
„Wieso?“, schnaubte Bauer ungehalten. „Handelt es sich um eine internationale Verschwörung?“
Stottlemaier spielte gedankenverloren mit seinem Schnurrbart, bevor er antwortete.

„Es sieht ganz so aus. Die Täter stehen eindeutig in Kontakt. Demnach muss es sich wohl um ein Netzwerk handeln. Die vermummten Täter schlagen weltweit beinahe zeitgleich zu. Spuren ihres Eindringens finden sich sozusagen in jeder uns bekannten Zivilisation.“
„Verstehe.“

Ein unauffällig wirkender Herr mit schiefgelegtem Kopf in mausgrauem Anzug, der bislang die Wände abgeschritten und unverständliche Worte gemurmelt hatte, trat zu Jack.
Mit leicht zitterndem Finger wies er auf die unmoderne, jedoch überaus praktische Multi-Funktions-Tasche, ohne die der Agent hilflos war und niemals seine vier Wände verlassen würde.
„Ihr Gurt hängt schief.“

Jacks Augenbrauen zogen sich zusammen. Seine Hand fuhr zum Gürtel, doch stieß tatsächlich an die leicht schief hängende Tasche. Doch bevor er mit seiner vernichtenden Antwort heraus platzen konnte, fiel ihm Stottlemaier ins Wort.
„Darf ich Ihnen Adrian Monk vorstellen? Er ist unverzichtbar bei Ermittlungen wie dieser. Sein photographisches Gedächtnis legendär.“

Monk sah betreten nach unten. „Es ist ein Segen und ein Fluch.“
Jack zog eine Augenbraue hoch. „Ach wirklich?“
Doch als Monk sich wieder zu ihm lehnte und seiner Tasche verdächtig nahe kam, beinahe begann an derselben herum zu fummeln, platzte ihm der Kragen.
„Fassen Sie mich nicht an“, bellte Jack empört.
Mister Monk wich erschrocken zurück und hob abwehrend beide Hände.

„Was ist hier los?“
Die Welt verstummte für einen Augenblick. Lediglich wer genau acht gab, konnte in der Ferne leise Engelsgesänge vernehmen.
Eine Lichtgestalt tauchte in der Mitte des gebogenen Eingangstores auf. Die eben noch düstere Atmosphäre machte strahlendem Sonnenlicht Platz und der Himmel leuchtete in einem grellen Königsblau.
Es war Horatio Caine, der sich unter das Volk begab und als erstes seine Sonnenbrille abnahm. Ein lässiges Kopfnicken rief das Team geschulter Spurensicherer auf den Plan.

„Wo ist das Opfer?“ Blitzend blaue Augen huschten über die Anwesenden, blieben für einen Moment an Stottlemaiers aufrechter Gestalt hängen, eindeutig die Gegenwart einer ebenbürtigen Respektsperson anerkennend.
„Kein Opfer“, antwortete dieser. „Aber eine Menge Spuren.“ Er begann aufzuzählen: „Engelshaar, Glitter, Sternenstaub, Lebkuchenbrösel, Glühweinflecken auf dem Teppich…“

Horatio winkte Eric und Calleigh, seinen perfekten Assistenten, die umgehend begannen, die Wände mit farbigen Sprays und feinen Pinseln zu bemalen, bunte Lampen an und aus zu knipsen, bevor sie mit Wattestäbchen die Ecken reinigten.
„Also mich brauchen Sie dann wohl doch nicht“, bemerkte Jack beim Anblick der Reinigungsvorgänge. „Schließlich hab ich Ferien.“

Ein Pfiff ertönte. „Nicht so schnell, mein Freund.“ Dr. House humpelte aus einem Seiteneingang, gefolgt von seinen neuen Assistenzärzten, frisch befördert aus der Serie Scrubs, womit sich auch seine zeitweilig miserable Laune erklären ließ.
Dr. House lehnte sich auf seinen Spazierstock und wedelte mit der Hand. „Noch ist hier jeder verdächtig, wenn ich das richtig sehe. Und Mr. Bauer ist nun mal kein unbeschriebenes Blatt, wenn es darum geht, Vorschriften und Regeln zu übertreten.“
„Ich bezweifle, dass du ans Glashaus klopfen solltest, Gregory“, bemerkte Horatio skeptisch.

„Ha!“ House lachte auf. „Du willst doch nicht etwas behaupten, dass du die Ermittlungen leitest, Caine.“
Horatio setzte seine Sonnenbrille wieder auf. „Ich denke meine Ermittlungserfolge sprechen für sich.“
„Es ist nichts gestohlen worden“, murmelte Adrian Monk leise.
„Nichts gestohlen? Kein Opfer?“ Horatio winkte seinen Mannen. „Ich sehe schon, dann ist dieser Fall unter unserem Niveau.“

„Unter meinem auch“, bemerkte Monk. „Mord ist eigentlich mein Metier.“
„Ruhe“, befahl Stottlemaier. „Wir befinden uns in einer Zwangslage. Vertrauen Sie mir, niemand möchte hier sein. Wir sind hier nur hineingeraten, weil uns die Flucht vor den jahreszeitbedingten Feierlichkeiten offenbar aus den verschiedensten Ecken Amerikas zu dieser Ferienanlage geführt hat. Ob dies etwas zu bedeuten hat? Wir werden sehen.“
House kratzte sich an der Schläfe. „Aber wo liegt denn jetzt das Verbrechen?“

„Das kann ich Ihnen sagen.“ Der Hotelmanager, ein gewichtiger Mann in einem zu engen Seidenanzug mischte sich ein. Er wischte sich mit einem bestickten Stofftaschentuch die Stirn ab, bevor er zu sprechen begann.
„Es ist einfach nicht in Ordnung, dass jeder hergelaufene Tramper in mein schickes Etablissement einbricht und seinen Müll hier verstreut.
„Was für einen Müll denn?“ Jack sah ihn fragend an.
„Na hier, diesen billigen Modeschmuck.“ Der Hotelmanager rümpfte die Nase.
„Tannenzweige! Das trägt man heutzutage nicht mehr. Kerzen, Nüsse, Mandarinen, Lebkuchen? Ich frage mich ernsthaft, was das soll. Totale Geschmacksverirrung. Passt in keine California Diät und besitzt so überhaupt keinen Stil.“
Jack knirschte mit den Zähnen. „Das hört sich allerdings nach einem Verbrechen an, mein Herr. Wissen Sie eigentlich womit ich mich sonst beschäftige? Haben Sie eine Ahnung, was ich alles auf mich nehme, damit Sie Design und Diät zum Sinn und Zweck ihres wertlosen Lebens erklären können?“

„Wie bitte?“ Der Hotelmanager sah ihn entgeistert an. „Ich muss doch sehr bitten. Was erlauben Sie sich?“
House schob sich grinsend näher und klopfte dem geplagten Hotelvorstand beruhigend auf die Schulter. „Nehmen Sie es nicht so schwer. Der Patient leidet definitiv an Selbstüberschätzung, Größenwahn und akuter Gewaltbereitschaft.“
„Sie werden gleich sehen, wie gewaltbereit ich bin.“ Jack hob mit rotem Gesicht die Faust.

„Was zu beweisen war.“ House wich glucksend zurück.
„Was bitte hat Jack Bauers Gewaltbereitschaft mit einem Einbrecher zu tun, der offensichtlich Tendenzen zum Innenarchitekten aufweist?“ Cuddy verschränkte die Arme vor der Brust.
„Pst.“ House legte den Zeigefinger auf die Lippen. „Wir wollten doch nicht, dass unsere kleine Betriebsliaison an die Öffentlichkeit gerät?“
„Zu spät“, murmelte Monk und pustete ein langes, dunkles Haar von der Jacke des Arztes. „Sie sollten außerdem die Lippenstiftspuren im Nackenbereich entfernen.“ Er wand sich angeekelt. „Nathalie! Tuch… schnell!“
„Zurück zum Thema“, brüllte Stottlemaier. „Was sagt die Forensik… äh, Spurensicherung… was auch immer?“
Calleigh warf ihr güldenes Haar zurück, während sie zahllose blitzende Geräte wieder in ihre Tasche beförderte. „Kein Blut, kein gewaltsames Eindringen, keine Zerstörung von Eigentum“, stellte sie fest. „Eric hat DNA – Proben genommen. Eric?“
Eric räusperte sich. „Der Täter ist eindeutig männlich. Das Alter lässt sich schwer bestimmen, aber gewisse Anzeichen lassen darauf schließen, dass er nicht mehr der Jüngste ist.“
„Was für Anzeichen?“ Eric zuckte mit den Schultern.
„Nur so ein Gefühl.“

„Das genügt mir, Eric.“ Horatio nahm seine Sonnenbrille wieder ab. Er überlegte einen Moment, ließ sie dann fallen und trat kräftig darauf.
„He!“ Der Hotelmanager empörte sich erneut. „Das ist Umwelt… äh… Hotelverschmutzung. Ich kann mir keine Überstunden für den Putzdienst leisten?“
Jacks Augen leuchteten auf. „Darf ich auch mal, Kumpel?“
„Nur zu.“ Horatio machte den Weg frei und Jack sprang mit beiden Beinen auf die Brille. „Die nervt mich schon viel zu lange.“
Der Hotelmanager lief grün an. „Das ist nicht die feine Art. Bestimmt nicht das Benehmen, dass ich in einem First Class Hotel voraussetze. Mr. Bauer, ich fürchte, ich muss Sie entlassen, bzw. des Hauses verweisen. Quartieren Sie sich woanders ein.“
„Ich habe nichts kaputt gemacht“, meldete sich Monk zu Wort. „Aber ich weiß jetzt, von wo der Eindringling… äh… eindrang.“
„Ach ja?“ Calleigh fuhr herum, stieß Nathalie beiseite und lächelte Monk süß an. „Ich liebe intelligente Männer.“
„Ähm.“ Monk lockert seine Krawatte. „Also, es lief so ab. Der Täter, ein ziemlich breit gebauter, älterer Herr in rotem Samt, rutschte den Kamin herab, genau hier.“ Er wies auf einen glänzend roten Fussel, der sich in der schmiedeeisernen Verzierung verfangen hatte. „Und dies hier sind eindeutig Haare aus einem weißen Bart, getränkt mit Milch, behaftet mit Krümeln süßer Plätzchen.“

Monk schauderte. „Es sollte Bartträgern verboten werden, in der Öffentlichkeit Nahrung zu sich zu nehmen.“
„Schon gut“, brummte Stottlemaier. „Wir haben also ein Profil, zumindest ein äußerliches. Fehlt noch die Motivation für die Untat.“
Jack Bauer schob ein Magazin in seine Waffe. „Unruhestifter brauchen kein Motiv. Es geht ihnen darum, die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen. Ihr Ziel ist die Anarchie. Barttragende Samtanzüge passen exakt zu diesem Gesindel.“
„Es waren allerdings mehrere“, brummte Stottlemaier. „Zeugen berichten von kleinwüchsigen Gestalten mit tief in die Stirn gezogenen, grünen Zipfelmützen.“
„Was für Zeugen?“, erkundigte sich Horatio und griff unwillkürlich nach der nicht mehr vorhandenen Sonnenbrille.
„Ein Brot und ein Zauberlehrling“, beeilte Eric sich zu versichern. „Die Kollegen von Numb3rs haben sie gerade vernommen. Professor Eppes hatte in seiner Jugend einen Aushilfsjob am Nordpol, besitzt Kontakte aus erster Hand.“
„Aha“, donnerte Jack. „Die Spur verdichtet sich.“

„Ganz genau.“ Charlie Eppes, einen extrem verlegenen Gesichtsausdruck und eine bekritzelte Schiefertafel vor sich her tragend, betrat den Raum. „Ich wollte meine pubertären Ausfälle eigentlich geheim halten, aber wenn es um die Sache geht…“
Er schluckte und winkte Bernd das Brot und Harry Potter zu sich. „Diese beiden werden Licht in die Angelegenheit bringen.“
Harry nickte und lehnte sich auf seinen Besen. „Rudolf das Rentier führte den Fluchtwagen. Ich konnte ihn sofort identifizieren. Seine Nase leuchtete.“
„Ich hasse Weihnachten“, warf Bernd ein.
„Wie bitte?“, erkundigte sich Stottlemaier.
Bernd stöhnte. „Hallo?
Santa?
Der Nikolaus? Der Typ mit den Geschenken, der durch den Kamin rutscht?“

Charlie Eppes drängelte sich eifrig vor. „Genau das haben meine Berechnungen aufgrund der 12-heiligen Nächte Theorie ergeben. Addiert man noch die Wartezeit von 24?“
„Was? Schon wieder nur 24 Stunden? Ich bestehe auf einem richtigen Urlaub“, schimpfte Jack.
House schüttelte den Kopf. „Es geht nicht immer nur um dich, Jacky. Du musst etwas gegen deinen Narzissmus tun. Vielleicht kennt Adrian einen guten Therapeuten.“
„Ein Jack Bauer braucht keine Therapie“, schmollte Jack. „Wäre ja noch schöner. Ich warte bis Sylvester und dann jage ich was in die Luft. Damit geht es mir gleich besser.“
„Ja, das hilft mir auch alljährlich“, nickte Horatio.
„Also abgemacht“, rieb Stottlemaier sich die Hände. „Wir treffen uns in einer Woche zum Showdown. Ich denke, es sollte etwas Großes sein, die CTU, FBI Zentrale, ein Filmstudio… etwas das uns seelisch so richtig befreit. “

„Aber nicht hier“, warf der Hotelmanager ein und legte die Stirn in Falten. „Andererseits – man könnte natürlich eine Doku-Soap darüber drehen: Stressbewältigung a la Carte mit explosivem Finale. 7 Tage, 7 Helden und ein Feuerwerk.“
„Bist du dabei, Adrian?“ Jack drehte sich zu ihm um. „Wir brauchen jemanden, der nachher aufräumt.“
„Aufräumen?“ Monk sah Natalie fragend an. „Aber was ist jetzt mit dem Fall?“
„Vergiss den Fall“, sagte seine Assistentin strahlend. „Ich glaube, eine kleine Explosion könnte auch den unterdrückten Ärger über meine schlechte Bezahlung freisetzen.“
„Das ist die rechte Weihnachtsstimmung.“ House rieb sich die Hände. „Lass dich küssen, Cuddy. Jetzt geht’s los.“

* * *

Unvermeidlich

Titel: Unvermeidlich
Autor: callisto24
Fandom: 24
Rating: PG
Genre: Humor
Inhalt: Sondereinsatz der CTU
Disclaimer: Nichts davon gehört mir und ich verdiene hiermit auch kein Geld.

* * *

„Verdammt, Chloe… wo bleiben die Koordinaten?“

Jacks heisere Stimme drang blechern aus den Lautsprechern, bewirkte, dass die rosige Gesichtsfarbe der Angesprochenen sich um eine Nuance vertiefte.

„Was willst du, Jack? Ich kann nicht hexen“, schnappte sie ärgerlich zurück.

„Witterung und Entfernung beeinträchtigen die Übertragung, wie du sehr wohl weißt, also reiß dich zusammen!“

„Du hast gut reden“, zischte Jack. „Die Lage ist ernst, wir dürfen uns keine Fehler erlauben. Die Gefahr, dass die Mistkerle wieder verschwinden und für ein Jahr abtauchen, ist einfach zu groß. Es geht hier schließlich um…“

„Ich weiß.“ Chloe schnitt ihm das Wort ab, und verdrehte die Augen gen Himmel.

„Jack, wo bist du jetzt?“

Bills stählerne Augen folgten der auf dem Monitor angezeigten Bahn des Satelliten, welcher unmittelbar vor der Vermittlung der einschlägigen Bilder stand.

„Verlassene Lagerhalle, Ecke Scrooge Boulevard. Hab sie genau im Visier.“

Jack senkte das Nachtsichtgerät, aktivierte mit der freien Hand einen weiteren Verbindungskanal, der ihn direkt ins Pentagon führte.

„Sie fühlen sich sicher, Karen. Wir sollten sobald als möglich zuschlagen. Was sagt das Verteidigungsministerium?“

„Steht geschlossen hinter euch. Der Präsident wurde bereits informiert, und hat sein OK gegeben, Jack. Wir brauchen nur noch den genauen Standpunkt, und das Problem ist gelöst.“

„Keine Bedenken wegen… wegen der Jahreszeit?“

„Die Verräter haben es nicht besser verdient. Bei illegaler Spielzeugproduktion kennt die Regierungsspitze kein Pardon.“

„Ich hab die Koordinaten.“ Chloe japste aufgeregt.

„Was siehst du, Jack?“

Der Agent riskierte einen kurzen Blick, bevor er sich wieder hinter die Mauer zurückzog.

„Es sind viele, nicht auszuschließen, dass es auch Unschuldige trifft!“

„Unschuldig ist niemand, der sein Land auf diese Weise missachtet“, bellte Bill zurück.

„Wer ist ihr Anführer?“

Jacks Augen verengten sich zu Schlitzen.

„Er ist korpulent, weißer Bart, trägt einen auffälligen, roten Anzug, vermutlich eine Tracht oder Uniform.“

„Wir sehen ihn jetzt.“ Bill beugte sich über Chloe, um das unscharfe Bild in Augenschein zu nehmen.

„Offensichtlich ist er in Eile, hetzt seine Arbeiter ganz schön in der Gegend herum.“

„Ich wusste doch, dass es hier um Sekunden geht“, knurrte Jack. „Wie könnte es auch anders sein?“

Er rieb sich die Stirn, sein gequälter Blick flog hinauf zum Sternenhimmel, der sich wie eine Kuppel über ihm wölbte, ungewöhnlich klar und still, als würde die Welt den Atem anhalten.

Was war es nur, das er vergessen hatte? Irgendetwas Wichtiges mussten sie übersehen haben, er könnte es schwören.

„Also gut, Jack.“ Auch Bills Stimme klang eigenartig gepresst.

„Das Ziel ist anvisiert, die Raketen in Stellung. Internationale Konflikte wurden ausgeschlossen, die führenden Nationen der Erde sind sich einig, dass im Bereich des freien Handels keine Betrügereien erlaubt sind.“

„Ich verstehe, Sir“, murmelte Jack abwesend.

„Wir sind uns doch einig, dass unser Wirtschaftssystem ernsthaft Gefahr läuft zu kollabieren, wenn wir einfach jedem erlauben würden, ungehemmt zu produzieren und sinnlos zu verteilen, ohne die Regeln des Marktes zu beachten, ohne sich um die selbstregulierenden Kräfte von Angebot, Nachfrage, die belebenden Wechselwirkungen von Zoll, Einfuhr-, Ausfuhrerlaubnis, Steuern, Preisdruck, Monopolmissbrauch, Erpressung…“

„Ich weiß“, warf Jack ein. „Ebensowenig wie die Transportindustrie es dulden kann, dass Waren unmittelbar ihrer Bestimmung zugeführt werden… ganz zu schweigen von dem Mangel an Kohlendioxidausstoß durch die streng verbotene Beförderung mit Hilfe fliegender Rentiere. Trotzdem…“

Er schüttelte zweifelnd den Kopf, zupfte unsicher an der schusssicheren Weste.

„Trotzdem kommt es mir irgendwie falsch vor… als hätten wir…“

Er sah erneut empor, hinauf in die sternklare Nacht und ihn fröstelte.

„Es schneit“, murmelte er, mit traurigem Blick einer einzelnen, verirrten Flocke folgend, die langsam aus dem wolkenlosen Himmel zu ihm hinab taumelte.

„Es schneit in Los Angeles.“

„Was?“

Bill sah Chloe erstaunt an, die sich mit dem Finger gegen die Stirn tippte.

„Jack, mein Junge.“ Er fuhr sich durch das silbergraue Haar, bemühte sich, den Worten einen besänftigenden, beruhigenden Unterton zu geben.

„Du bist überarbeitet. Nur noch diesen Auftrag, dann gehst du in Urlaub.“

„Ich weiß nicht.“

„Aber ich weiß… wir jagen jetzt diese Brutstätte terroristisch – kommunistischen Ursprunges in die Luft, und dann legst du die Füße hoch und genießt die Feiertage.“

Jack zog die Stirn in Falten.

„Feiertage“, flüsterte er. „Endlich Ruhe und…“

Er stockte, drehte, ohne es zu merken, an den Schlaufen seines Patronengurtes.

„Genau“, mischte sich Chloe ein, seine Verwirrung selbst durch die Drähte absorbierend.

„Ruhe und… und… das, wovon manchmal in diesem Zusammenhang gesprochen wird…

Aber zuerst musst du diesen Verbrecher erledigen, Jack. Er erhebt sein scheußliches Antlitz nur an diesem einen Tag im Jahr, und doch gelingt es ihm irgendwie, ihn endlos erscheinen zu lassen… erstaunlich, wie er das immer wieder…“

„Ich weiß wie das ist; Chloe… ich weiß es.“

„Um so besser!“ Bill’s Worte durchschnitten messerscharf die Luft.

Jack war mit einem Mal, als würde eine sanfte Brise ihm den Klang von Glöckchen entgegen wehen. Er wand den Kopf, reckte ihn in die Richtung aus der das hauchzarte Geläut sich näherte.

Bill holte tief Luft.

„Jack, du bist doch kein Anfänger. Nur noch den Peilsender befestigen, aktivieren, das Signal zum Abschuss senden, und wir haben endgültig Ruhe vor diesen fundamentalistischen Geschenkeverteilern.“

„Morris, sieh doch nur“, quietschte Chloe mit einem Mal und wies auf die Satellitenbilder, die nun begannen, sich dem Ziel von verschiedenen Winkeln aus, zu nähern.

„Nein wie niedlich… die grünen Käppchen… und die spitzen Öhrchen…“

Bill schnellte herum.

„Lass dich nicht ablenken“, warnte er. „Die Verschwörer haben ihre Zellen vom Nordpol aus überall etabliert, es gibt kaum noch ein Land, das sie noch nicht unterwandert haben. Die Bedrohung darf auf keinen Fall unterschätzt werden.“

„Verstanden.“

Jack senkte schweren Herzens den Kopf. Ein leises Stöhnen entrang sich seinen Lippen, als er den Schalldämpfer kunstgerecht befestigte, die Skimütze über die Augen zog.

Bill hatte Recht. In der heutigen Zeit gab es keinen Platz für Elemente, die sich weigerten Rücksicht auf das empfindliche Gleichgewicht der ökonomischen Kräfte zu nehmen.

Es war eine Frage der nationalen, nein, der internationalen Sicherheit, zweifellos eine Notwendigkeit, seine persönliche, heilige Pflicht, diesem, so gar nicht marktorientierten Geben und Nehmen, ein für alle Mal ein Ende zu bereiten.

Der winzige Sender, der hochexplosives Material pfeilgerade zur Wurzel des Übels lenken sollte, bohrte sich unangenehm in seine Hüfte.

Der Moment war gekommen, es gab keine Alternative, keine weitere Möglichkeit, so sehr er sich auch dagegen sträuben mochte, das Unausweichliche zu akzeptieren.

Ein merkwürdiger Duft erfüllte die Luft, als er sich lautlos, auf schwarzen Gummisohlen, an der schroffen Mauer entlang tastete. Er erinnerte ihn an seine Kindheit, an eine besondere Zeit, angefüllt mit dem Aroma von Gewürzen und Kerzen.

Nun konnte er das Geläut deutlicher vernehmen, es vibrierte hell, und ihm schien, als würde es von leise summenden Schellen begleitet.

Ein glitzernder Faden sank zu Boden.

„Engelshaar“, dachte Jack und fing ihn achtlos, während er den Schalter betätigte, der das unscheinbare, elektronische Gerät in eine Quelle pulsierender, leuchtender Wellen verwandelte.

Nur eine einzige, weitere Explosion in dieser Nacht, und die Welt würde im kommenden Jahr ein klein wenig sicherer sein.

Und darauf kam es schließlich an.

Eine Petrelli – Weihnacht

Titel: Eine Petrelli-Weihnacht
Autor: callisto24
Fandom: Heroes
Rating: PG
Genre: comedy
Warnung: Sehr leichte Spoiler für Season 3
Disclaimer: Nichts davon gehört mir und ich verdiene hiermit auch kein Geld.

* * *

„Eine Weihnachtsparty?“
Nathan schüttelte den Kopf. „Ich bin mir nicht sicher, ob das angemessen ist. Nach all dem Chaos, das wir in den letzten Jahren angerichtet haben, halte ich es beinahe für gefährlich zu viele von uns in einem Raum zu versammeln. Geschweige denn unter einem Baum.“

„Dann eben nur die Familie.“ Peter grinste schief. „Irgendwie sind wir doch ohnehin alle miteinander verwandt.“
„Sei nicht albern“, wandte seine Mutter ein. „Da gibt es sicher jemanden, der nicht mit uns auf irgendeine Weise verknüpft ist.“

Nathan kratzte sich an der Schläfe. „Ich weiß nicht“, murmelte er. „Zählt zusammen im Labor gezeugt auch als verwandt?“

Peter verzog das Gesicht. „Du willst doch nur wieder mit einer deiner zahlreichen Blondinen schäkern. Was würde deine Frau dazu sagen?“
Nathan zuckte mit den Schultern. „Heidi bringt Mohinder Suresh mit. Sie erzählt mir von nichts anderem, als von ihrem Wunsch, ihn mit Sahne einzusprühen und abzulecken. Und wie ich aus Erfahrung weiß, bekommt Heidi was sie will.“

„Also kommt Mohinder“, rief Claire triumphierend. „Dann will ich aber Hiro und Ando dabei haben. Mit denen kann man sich wenigstens unterhalten.“
Nathan blickte sie streng an. „Ich bin nicht sicher, ob die Beiden der richtige Umgang für dich sind, Liebes.“
Claire verschränkte ihre Arme vor der Brust und schob die Unterlippe vor. „Weil sie Asiaten sind? Ich hätte nicht gedacht, dass du so… so…“
Nathan schnaubte. „Das bin ich nicht. Aber du gehörst aufs College, junge Dame. Und da ist jeder Moment, der mit Comics und Star Trek Zitaten vergeudet wird, ein unwiederbringlicher Verlust. Ich habe schon beschlossen, dir auch das Cheerleading zu untersagen, wenn deine Leistungen in Latein nicht besser werden. Latein ist ungeheuer wichtig. Aus Caesars gallischen Kriegen zog ich die besten Lehren.“

Claire schnappte nach Luft. „Du willst mir was verbieten? Aber Cheerleader zu spielen ist mein Leben. Was glaubst du wer…? Ich meine… du bist nicht mein… also gut, du bist… aber du bist nur einer meiner Väter.
Daddy?“

Sie drehte sich zu Noah um, der gerade einen Lebkuchenbrösel von seiner Jacke entfernte.
„Hm? Was ist los, Claire-Bär?“
Claire stemmte ihre Hände in die Hüften und deutete mit einem Kopfnicken auf ihren biologischen Vater. „Nathan ist gemein zu mir.“

„Was?“ Noah zog die Augenbrauen hoch. Langsam nahm er seine Hornbrille ab, legte sie sorgfältig auf dem Glastisch ab und ging einen Schritt auf Nathan zu. Er streckte sich ein wenig, und Nathan legte den Kopf in den Nacken, um ihm ins Gesicht sehen zu können.
„Du willst Ärger, Petrelli?“
Nathan schluckte. „Wer… ich? Nein…“
Rasch wand er sich zu Claire um. „Hiro und Ando also, geht klar. Nette Jungs übrigens.“

Noah räusperte sich, nahm seine Brille wieder auf. „Worum geht es eigentlich?“
„Die Weihnachtsfeier“, antwortete Angela. „Wir überlegen uns, wer eingeladen wird.“
„Alles klar“, nickte Noah. „Wir kommen. Ich sage auch Danko Bescheid. In letzter Zeit verstehen wir uns recht gut.“
„Auf gar keinen Fall“, explodierte Nathan. „Der Winzling kommt mir nicht ins Haus.“
„Ich muss auch sagen“, mischte sich Peter ein. „Ich meine… der Typ ist gewalttätig.“

„Ach was“, winkte Noah ab. „Ihr wollt nur die kleinsten Männer im Raum sein. Wir wissen alle, dass Frauen auf klein stehen.“
„Das war unfair“, schmollte Peter und verschränkte die Arme.
Nathan war in zwei Schritten bei ihm, legte ihm seine Hand auf die Schulter und neigte sich vor, um dem Jüngeren ins Ohr zu flüstern. „Mach dir nichts draus, Bro. Der Große ist nur eifersüchtig.“ Sein verächtlicher Blick traf Noah.

Laut sagte er: „Es könnte nichts damit zu tun haben, dass wir beide vielleicht besonders hübsch sind? Sieh dir mal die ganzen Fanseiten im Internet an. Da kannst Du nicht mithalten.“
Noah kräuselte die Lippen.
„Aber als ich noch jünger war, eine Fön-Frisur trug, schwul und tierisch reich war, da hätte ich euch allemal ausgestochen.“

„Wie bitte?“
Angela sah ihn irritiert an. „Noah-Darling, du verwechselst die Serien.“

Claire blickte von der Tätigkeit auf, ihr goldenes Haar sorgfältig auf gespaltene Spitzen zu prüfen.
„Hat jemand von mir gesprochen?“
Noah seufzte. „Nein, Liebes. Mit ‚hübsch‘ haben die Petrellis sich selbst gemeint.“

Claires Mund klappte auf. „Also ich weiß ja, dass Blondinen mit Vorurteilen zu kämpfen haben, aber das ist ungerecht. Ich meine: dunkle Haare, dunkle Augen und der Latino-Typ? Da gerät jede noch so schöne Frau ins Hintertreffen.“
„Das ist wahr.“ Nathan strich sich das Haar zurück. „Deshalb gehen wir auch nur gemeinsam aus. Für einen von uns alleine ist es zu gefährlich. Wir sind gewissermaßen freilaufende Beute.“

Peter nickte. „So ist es. Gemeinsam können wir sie irritieren. Sie sehen uns, können sich nicht entscheiden, wer schöner ist, und bevor sie zu einer Seite tendieren, ergreifen wir die Flucht.“
Angela lächelte stolz. „Meine Jungs. So praktisch.“
Sie blickte in die Runde. „Das haben sie von mir. Neben Haaren, Augen und dem Sinn für Stil. Doch zurück zum Thema. Wer kommt noch?“

„Der Kleine“, schlug Nathan vor. „Weihnachten ist was für Kinder. Und Micah ist doch ein Kind, oder?“
„Du willst doch nur, dass er eine seiner Mütter mitbringt“, beschwerte sich Peter. „Mach mir nichts vor.“
„Ganz und gar nicht“, behauptete Nathan. „Aber im Wahlkampf kenne ich mich aus. Politiker und Kinder kommen immer gut. Gerade an Weihnachten.“

„Aha“, rief Peter. „Das ist es also. Du denkst wieder nur an die Karriere. Deine Familie interessiert dich überhaupt nicht.“
Er stampfte mit dem Fuß auf. „Ich hab es so satt, dass immer alles um dich geht.“

Noah fuhr ihm väterlich durchs Haar. „Aber das ist doch gar nicht wahr, Peter. Du spielst immer noch die Hauptrolle. Auf allen Fotos stehst du in der Mitte.“
Nathan sah interessiert auf. „Ach, dass ist dir auch aufgefallen?“

Noah zuckte mit den Schultern, als Angela dazwischen ging. „Kinder, Kinder. Wir wollen doch nicht streiten, und das so kurz vor Weihnachten. Eifersüchteleien passen nun überhaupt nicht zum Fest.“

Claires Lippen zitterten. „Aber ich dachte, ich wäre der Star. Ich meine, ich bin jung und niedlich… und erfolgreich… und in jeder Staffel habe ich einen anderen Freund.“
„Wie bitte?“, riefen Noah und Nathan aus einem Munde.
„Ja, was dachtet ihr denn?“, schüttelte Angela den Kopf. „Dass sie sich nur für Comics interessiert, und dafür die Welt zu retten.“

Nathan und Noah sahen sich verblüfft an. „Ähm… sie darf natürlich hin und wieder… also mit einem reden… solange es den Handlungsverlauf nicht beeinträchtigt.“
„Ach ihr.“ Angela winkte ab.

Peter ertrug es nicht so lange unbeachtet zu bleiben und trat einen Schritt vor. „Also, wenn wir uns ohnehin vor diesen ganzen Co-Stars nicht retten können, dann will ich Matt Parkman.“

„Bist du verrückt?“ Claire wurde rot. „Der kann alle meine Gedanken lesen.“
Nathan stieß mit Noah zusammen, als sie sich gleichzeitig zu ihr umdrehten.
„Wieso?“, fragte Noah beunruhigt. „Was könnte er denn lesen… bei dir?“
Claire wich seinem Blick aus und hüstelte. „Bei mir… nichts. Aber… aber… ich denke an die Petrellis. Diese ganzen Familiengeheimnisse… wenn das erst rauskommt.“

„Du bist auch eine Petrelli.“ Nathan ließ sich so schnell nicht beschwichtigen. „Und was die Familiengeheimnisse angeht…“
„Die sind echt krank“, bemerkte Angela.
Nathan fuhr herum. „Mutter!“

„Naja.“ Angela zuckte mit den Schultern. „Ihr wisst schon. Ich will doch auch nicht, dass an die Öffentlichkeit dringt, womit ihr als Kinder am liebsten gespielt hat.“
Peter räusperte sich verlegen. „Viele Jungens spielen mit Barbie-Puppen ohne dass es ihnen schadet. Und schließlich hatte Nathan noch das Traumhaus, die Pferde und den Frisiersalon.“
Nathan schnalzte mit der Zunge und strafte Peters Haare mit einem verächtlichen Blick. „Als ob es etwas genutzt hätte.“
Peter sah verletzt zu Boden und Angela seufzte. „Nathan, das war unter der Gürtellinie. Peters Frisur ist sehr… geschmackvoll.“

„Können wir vielleicht mal zurück zum Thema kommen?“, rief Noah verzweifelt und riskierte einen Blick auf seine Uhr.
„Wieso? Was hast du es auf einmal so eilig?“ Claires Augen weiteten sich. „Nein – sag nicht, dass du dich wieder heimlich mit dem triffst.“
Noah räusperte sich und sah unbehaglich zur Seite.
„Eigentlich ist er ein netter Junge. Nur missverstanden. Wenn man ihm eine Chance gibt…“

„Der Typ bringt alle um!“, kreischte Claire. „Von Anfang an hörte er nicht damit auf, Ärger zu verursachen.“
„Da muss ich Claire recht geben“, stand Peter ihr bei. „Sylar fängt echt an zu nerven.“
Noah seufzte. „Ihr hattet nur einen schlechten Start. Es schlummert viel mehr in ihm. Ich sehe da durchaus Potential.“
„Potential?“, fragte Nathan skeptisch.

Noah nickte eifrig. „Ganz genau. Bedenkt, dass Peter um ein Haar New York in die Luft gejagt hätte, und dann kurz davor stand, die Welt zu verseuchen… um nur zwei Dinge zu nennen. Dagegen sieht Sylars kleines Hobby doch fast harmlos aus.“

In diesem Moment schellte aggressiv die Türklingel und nachdem der Butler die Tür geöffnet hatte, stürzte ein aufgelöster Matt Parkman in den Raum.
Er steuerte direkt auf Nathan zu und klammerte sich erschöpft an dessen Schultern. Erst jetzt fiel die grünliche Färbung auf, die sein Gesicht aufwies.

„Ich… ich habe…“, stammelte er.
„Was hast du, Matt?“ Peter riss die Augen auf, und legte den Kopf schief.
Der ehemalige Polizist drehte sich zu ihm um und seine Augen wirkten beinahe noch größer als die seines Gegenübers.
„Ich habe… Gottes Gedanken gelesen“, brachte Matt mühsam hervor. „Ich ging zufällig an einer Kirche vorbei… und dann…“ Er verstummte, aber das Grün in seinem Gesicht vertiefte sich.

Angela hob die Augenbrauen. „Interessant, Matt. Was hat er denn gedacht?“
Matt schluckte, behielt jedoch den Augenkontakt mit Peter bei, als könne ihn dieser beruhigen.
„Er wirkte verstört, und… und… sein Sohn stellt sich quer.“
„Wie… stellt sich quer?“ Noah mischte sich interessiert ein.
Matt räusperte sich. „Er… er sagt Weihnachten ab – behauptet, es sei schließlich sein Geburtstag.“

„Wer – Gott?“ Claire blickte verwirrt von einem zum anderen.
„Nein“, bemerkte Peter, der als erster verstanden hatte. „Sein Sohn.“
„Sein Sohn?“ Nathan runzelte die Stirn. „Wer soll das sein? Und was hat er damit zu schaffen?“

Angela verdrehte die Augen. „Nathan – warst du denn seit deiner Kommunion in keinem Gotteshaus mehr?“
Nathan wand sich unbehaglich. „Ich… ich hatte auch für die Kommunion keine Zeit damals. Ein Klassenkamerad ging für mich.“

Angela seufzte. „Matt spricht natürlich von Jesus Christus. Um ihn geht es doch bei der ganzen Sache.“
Claire schluckte. „Aber wieso kann ein Typ wie der einfach alles absagen? Wie kommt der darauf?“

Matt drehte sich zu ihr. „Er hat genug davon, dass in jeder zweiten Serie sein Name missbraucht wird“, gab er heiser zu. „Und nun will er sich von allem zurückziehen. Und… und es handelt sich schließlich um seinen persönlichen Ehrentag. Ohne die Sache in dem Stall…“
Noah rückte seine Brille gerade. „Das mag durchaus sein“, überlegte er.
„Aber seien wir doch ehrlich. Im Grunde hat Jesus inzwischen mit Weihnachten nur noch am Rande zu tun. Weder Weihnachtsbaum noch Adventskranz gehen auf sein Konto. Und nicht einmal die Geschenke. Das waren die Heiligen Drei Könige. Also, wenn die Einwände hätten, wäre es vielleicht etwas anderes, aber so?“

Er sah Angela an, die seinen Blick nachdenklich erwiderte. „Ich denke fast, dass du recht hast, mein Lieber“, murmelte sie versonnen. „Er tat nichts, außer im Stroh zu liegen. All das, was Weihnachten heutzutage ist, wurde unabhängig von ihm erschaffen.“

Matt richtete sich auf. Langsam kehrte die gewohnt rosige Farbe in sein Gesicht zurück.
„Ihr meint also, es ist noch nicht alles verloren?“

Noah schüttelte entschieden den Kopf. „Definitiv nicht. Das Konzept steht und die Party findet statt. Aufgrund des beträchtlichen Zeitraumes, der seit dem Ereignis verstrichen ist, auf das dieser Hippie sich beruft, besitzt er auch keinerlei Urheberrechte mehr. Eigentlich könnte er froh sein, noch irgendwo unterzukommen.“

Angela verengte ihre Augen zu Schlitzen. „Mein Lieber – ich denke, dass sich mir eine Vision aufdrängt.“
„Oh nein“, seufzten Peter und Nathan wie aus einem Munde. „Bitte nicht schon wieder.“

„Doch.“ Angela nickte triumphierend. „Wir engagieren Jesus Christus als Gaststar für die Weihnachtsfolge. Einschaltquoten garantiert. Und noch dazu ist er fraglos einer von uns. Ich meine: Über Wasser laufen, Fisch und Wein vervielfältigen und vom Tode auferstehen? Wenn das nicht eindeutig ist.“

„Du meinst…?“ Claire riss den Mund auf.
„Ganz recht“, bestätigte Angela und lächelte leicht. Dan Brown hat sich nicht geirrt.“
„Aber dann…“ Nun war es an Nathan seinen Mund aufzuklappen.
„Das ist doch keine Überraschung“, brummte Noah kopfschüttelnd. „Die Geschichte ist voll von euch Mutierten. Das muss eine Blutlinie sein.
Propheten, Wunderheiler, Religionsgründer – mit oder ohne ihr eigenes Wissen…“

„Oh mein Gott“, rief Peter passend aus. „Das ist es. Er wollte keine Religion erschaffen. Christus wurde nur missverstanden, fehlinterpretiert. Genauso wie ich…“

Nathan strich ihm mitleidig übers Haar. „Aber sicher, Kleiner. Deshalb haben wir dich doch mit ausgebreiteten Armen vom Dach fallen lassen. Sag bloß, du hast die Anspielung nicht begriffen?“
Peter schob beleidigt seine Unterlippe vor. „Die Serie ist so überladen mit Anspielungen, da kommt kein normaler Mensch mehr mit.“

„Aber sicher, mein Junge.“ Angela leistete Nathan Gesellschaft dabei Peter übers Haar zu streichen. „Keine Sorge. Das Denken übernehmen wir für dich. Und vielleicht kann der Erlöser dir beizeiten ein paar wertvolle Tipps für die Zukunft geben.“

Noah hob mahnend beide Hände. „Nicht so schnell. Ich dachte, Matt hätte gesagt, der Messias wolle sich vom Geschäft zurückziehen. Ist es nicht so, Matt?“
Matt, der gerade dabei war aus Spekulatius ein Kartenhaus zu bauen, sah verwirrt auf. „Wie… äh… ja, genau.“

Nathan winkte ab, entblößte dann gekonnt seine Zähne zu dem gewinnenden Politikerlächeln für das er berühmt war. „Lasst mich die Verhandlungen führen, Leute. Meinem Charme konnte noch niemand widerstehen. Auch Gottes Sohn dürfte da keine Ausnahme bilden.“

Angela rieb sich die Hände. „Dann wäre das ja soweit geklärt. Ich wusste, dass wir es schaffen. So lasset die Spiele beginnen.“

„Aber welche Spiele denn jetzt?“ Claire knabberte konzentriert an ihrer Unterlippe. „Ich versteh nur Bahnhof.“
„Liebes“, lächelte Angela. „So muss es sein. Und ich verspreche dir, es geht dem Zuschauer nicht anders. Die Serienwelt trägt ebenso viele Irrungen, Wirrungen und Geheimnisse in sich, wie unsere Schöpfung.“

Sie lehnte sich vertraulich vorwärts. „Liegt daran, dass die kreativen Köpfe, ob es sich nun um überarbeitete Drehbuchautoren oder übernatürliche Wesen handelt, allzu oft den Anforderungen nicht gewachsen sind. Da müssen wir Geduld aufbringen, abwarten und im Stillen hoffen, dass es besser wird.“

„Was – die Serie?“, murmelte Matt mit vollem Mund, da er gerade den Schornstein seines Spekulatius-Hauses probierte. „Die ist doch gut.“
„Sicher, Parkman.“ Nathan klopfte ihm auf den Rücken bis Matt hustete. „Wenn wir unsere Ansprüche zurückschrauben, kommen wir mit beidem zurecht, mit der Welt und mit der Serie.“

Claire zuckte mit den Schultern. „Klingt in Ordnung für mich. Ich will nur etwas Spaß haben.“
Peter strich sich eine Locke aus der Stirn. „Also ich weiß nicht… da muss doch mehr sein… ein Sinn…“

Angela stemmte die Arme in die Hüfte. „Heute nicht. Viel Zeit bleibt uns nicht mehr. Vorbereitung, Catering, Dekoration, Studio, Setting, Casting, Maske, Soundtrack und vielleicht eines Tages ein Spielfilm… da kommt noch einiges auf uns zu.“
„Alles klar, Ma“, stimmte Nathan ihr zu und sah auf seine Armbanduhr. „Ich mach dann mal einen Termin mit Jesus. Vielleicht krieg ich seinen Dad auch ans Rohr.“
Matt schluckte. „Ich weiß nicht, ob du… er klang ein wenig aufgebracht.“
„Parkman!“ Angela schüttelte den Kopf. „Hab ein wenig Gottvertrauen. Mein Junge macht das schon.“
„So ist es.“ Nathan strich seinen Anzug glatt, öffnete das Fenster und schoss ohne ein weiteres Wort in die Höhe.
Angela schüttelte den Kopf. „Wenn er nur nicht so unhöflich wäre. Von mir hat er das nicht. Egal – Frohe Weihnachten und Cut!“

Ende

Ein Numb3rs Weihnachtsfest

Titel: Eine Eppes-Weihnacht
Autor: callisto24
Fandom: Numb3rs
Rating: PG
Genre: Comedy
Warnungen: Geschmacklos und anstößig
Disclaimer: Nichts davon gehört mir und ich verdiene hiermit kein Geld.
* * *

„Du bist so still“, sagte Alan Eppes zu seinem Sohn, der gedankenverloren in seiner Tasse Kaffee rührte.

Mathematikprofessor Charlie Eppes nickte und rollte mit den Augen. „Das liegt daran, dass die Autorin, die diese Geschichte verfasst, in der Schule nicht richtig aufgepasst hat.“ Er seufzte auf und legte den Löffel ab. „Deshalb versteht sie auch nie, wovon ich eigentlich spreche, wenn ich damit beginne, meine abstrakten Theorien und komplizierten Berechnungen zu erläutern.“

Alan runzelte die Stirn. „Aber weshalb sollte sie dann die Serie ansehen, geschweige denn darüber schreiben?“
Charlie zuckte mit den Schultern. „Sobald ich anfange zu reden, schaltet sie ihr Gehirn ab und beginnt damit, meine dunklen Locken zu bewundern. Oder ihre Gedanken wandern zu Dons muskulösem Körper, beziehungsweise der Art, wie er seine Jeans trägt – eng und knackig.“

Don sah auf. „Was ist mit mir?“
Charlie schüttelte den Kopf. „Das willst du nicht wissen, glaube mir.“

Don wandte sich wieder seiner Akte zu. „Also, wie weit sind wir nun?“

Sein Vater kratzte sich am Kopf.
„Nicht sehr weit. Bis jetzt haben wir vier Leute, die Hanukkah feiern.
Drei, die beim besten Willen kein Fest in ihrer Religion finden konnten, das auch nur annähernd in die Nähe des Dezembers fällt,
fünf, die unsere Idee ablehnen
und drei, die grundsätzlich bereit wären, ein nicht-konfessionelles Winterfest zu begehen.
Außerdem fünf Christen, von denen vier behaupten, dass ihnen Weihnachten herzlich egal ist, sie aber unterm Strich lieber in einem lebensgefährlichen Einsatz steckten, als mit ihrer Familie den Abend zu verbringen.“

Don überlegte kurz, schlug dann Kommandoton an. „In diesem Fall würde ich mich doch gegen die Idee einer Weihnachtsfolge entscheiden.“

Alan schob die Unterlippe vor. „Die Leute lieben Weihnachtsfolgen“, bemerkte er. „Und auch wenn ich persönlich nicht verstehe warum – Hanukkah macht erheblich mehr Spaß und bietet wenigstens eine aufregende Hintergrundgeschichte – so bin ich doch in einem Alter, in dem es sich auszahlt auf die Zuschauerwünsche einzugehen. Ganz im Ernst – die erfolgreichen Serien wachsen nicht auf Bäumen, das muss ich euch beiden doch wohl nicht sagen.“

Charlie nickte. „Statistisch gesehen…“
Don hob warnend den Zeigefinger. „Nicht jetzt, Charlie. Wir haben kein Geld übrig für die aufwendigen Computeranimationen, die dein Mathematik-Geschwafel untermalen.“ Er räusperte sich. „Und außerdem bin ich aus der Übung was den konzentrierten, zugleich gelangweilten und unterschwellig genervten Gesichtsausdruck angeht, mit dem ich darauf reagieren muss.“

„Das ist aber jetzt unfair“, meldete Amita sich zu Wort. „Als Inderin und praktizierende Hindu liegt mir der Weihnachtsgedanke zwar fern, aber diese Animationen, zumal wenn sie um mich kreisen, sind doch jedesmal wieder eine Augenweide.“
Charlie legte seine Hand auf ihre und blickte ihr tief in die Augen. „Da stimme ich dir vollkommen zu, mein Liebling.“

„Und was ist mit mir?“ warf Larry Fleinhardt ein. „Hatte ich nicht vorgeschlagen das Ganze von einer astronomischen Warte aus zu betrachten? Rotierende Planeten, Sternenhimmel und vielleicht hier und da ein vorbeizischender Komet, während ich das Prinzip von Licht im Dunkel erläutere, passen in fast jede Religion oder Weltanschauung und bieten außerdem noch was fürs Auge. Ich könnte eine Anspielung auf den Stern von Betlehem fallen lassen, womit wir das Christentum gleich erledigt hätten.“

„Nicht schlecht.“ Don hob die Augenbrauen. „Auch das Mythologische ließe sich so elegant abhaken.“
Charlie nickte eifrig. „Wir enden mit einem geselligen Beisammensein, wahlweise inklusive des Entzündens der Menora oder des Aufbruchs in die Synagoge. David und Colby küssen sich unter dem Mistelzweig, Nikki lädt Liz in die Moschee ein und irgendwo brennt ein Feuer zur Wintersonnenwende.“

Alan rieb sich die Hände. „Das hört sich doch gut an. So dürften wir ausreichend Vielfalt einbringen und niemanden vor den Kopf stoßen.“

„Mit Ausnahme der Autorin“, gab Larry zu bedenken.
Charlie sah ihn erstaunt an. „Wieso denn das?“
Larry grinste. „Na, die hat von den empfindlichen religiösen Gefühlen der Leser noch weniger Ahnung als von Mathematik.“
„Gibt’s nicht“, staunte Charlie.

„Oh doch“, seufzte Amita. „Ich konnte ihr das Einmaleins beibringen, aber das Wirken Shivas hielt sie für ein ostafrikanisches Märchen.“

„Das kann schwierig werden“, stellte Alan fest. „Nebenbei benötigen wir ja auch noch den Weihnachts-Klassiker: einen wahnsinnigen Serienkiller, der es auf Mitarbeiter des FBIs abgesehen hat.“
Er kratzte sich am Kinn.
„Da existiert ein weiteres Problem. Wer erklärt ihr diesmal die Mechanik von Schusswaffen, oder anatomische Grundsätze, wenn es um das Spritzen von Blut oder das Ausweiden der Organe geht? Das gibt doch wieder ein Desaster, wenn wir versuchen, die Sache der Gerichtsmedizin zu präsentieren.“

Don klappte seine Akte zusammen und stand auf. „Ich übernehme das“, erklärte er resolut.
Charlie hob eine Augenbraue. „Sei vorsichtig“, warnte er. „Wenn es in ihrem Büro nach Glühwein liegt und irgendwo ein paar Dessous herumliegen, dann nimm lieber Robin zur Selbstverteidigung mit.“
„Das hilft nichts“, seufzte Don. „Beim letzten Mal schlug sie einen flotten Dreier vor.“
Alans Mund klappte auf. „Ihr habt doch nicht…?“
Don grinste. „Wo denkst Du hin. Ich hab nur zugesehen.“

Ende